Die SRG trägt mit ihrem Angebot zur kulturellen Entfaltung, zur Stärkung der gesellschaftlichen Werte der Schweiz und zur Bildung bei. 2020 flossen 271 Millionen Franken in Sendungen und Formate zu Kultur, Gesellschaft und Bildung.
«1945» – grosser Themenschwerpunkt zur frühen Nachkriegszeit
Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa war ein Moment des Aufbruchs und der Ungewissheit, auch in der kriegsverschonten Schweiz. Um dieses prägende historische Kapitel ins Gedächtnis zu rufen und den Austausch darüber zu fördern, brachte SRF den multimedialen Themenschwerpunkt «1945» ins Programm – mit zwei Publikationsphasen im Frühling und Herbst. Rund 70 Sendungen und Beiträge im Radio, TV und online widmeten sich dieser Zeit, darunter die fiktionale Dramaserie «Frieden» und zwei «DOK»-Eigenproduktionen: So zeigte der Dok «Ems-Chemie – die verborgene Geschichte» auf, inwiefern der Aufstieg des damaligen Unternehmens Hovag Ems mit ins Land geholten Nationalsozialisten zusammenhing. Und «Die Kinder vom KZ Buchenwald – eine Schweizer Hilfsaktion» dokumentierte, wie die Aufnahme von 3000 jüdischen Kindern aus den Konzentrationslagern das Image der Schweiz verbessern sollte. Auch zahlreiche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen teilten ihre Erinnerungen, etwa in einer Webvideoreihe mit Generationengesprächen oder im Podcast «1945 – Eine Generation erzählt» mit einem Dreiteiler über Auslandschweizerkinder im Krieg.
Der lange Weg zum Schweizer Pass
Die Schweiz hat eines der strengsten Einbürgerungsverfahren Europas. Was denken Menschen, die daran beteiligt sind, darüber? Wie erleben Ausländerinnen und Ausländer, die sich einbürgern lassen möchten, den Prozess? Diese Fragen waren Gegenstand der Themenwoche «Gib Pass!» auf Radio SRF 3 im November 2020. Personen mit unterschiedlichem Hintergrund erzählten dabei von ihrem Weg zum Schweizer Pass. Kopf und Stimme der Themenwoche war Moderatorin Rika Brune. Sie lebt seit rund 30 Jahren in der Schweiz – mit deutschem Pass. Im Herbst 2019 fasste sie den Entschluss, die Einbürgerung in ihrer Wahlheimat Winterthur zu beantragen. Zur Themenwoche sagt sie: «Ich bin stolz, dass ich Teil dieser Aktion sein durfte – und froh, dass meine Einbürgerung vergleichsweise unkompliziert verläuft.» SRF Kultur porträtierte in dieser Woche Menschen, die sich bewusst gegen den Schweizer Pass entschieden haben. Und im Podcast «Input» von Radio SRF 3 debattierten Menschen mit Migrationshintergrund über den Wert des Schweizer Passes: Während für Offizier Janko klar ist, dass die Schweizer Staatsbürgerschaft ihn «komplett gemacht» habe, ist Freizeit-Radiomoderator Paolo der Ansicht: «Mitbestimmen kann ich auch so.»
SRF Kultur: Weiterhin ein vielfältiges Angebot und neue digitale Formate
SRF Kultur ist das grösste multimediale Feuilleton der Schweiz. Damit das Kulturangebot bei veränderter Mediennutzung gestärkt wird, hat SRF 2020 die Entwicklung neuer Formate für ein kulturinteressiertes und digitalaffines Publikum vorangetrieben. Daraus entstanden ist zum Beispiel das Youtube-Format «Bleisch & Bossart», das seit November 2020 online ist und sich an ein jüngeres Publikum richtet. In zehnminütigen Folgen diskutieren die «Sternstunde»-Moderatorin Barbara Bleisch und der «Sternstunde»-Moderator Yves Bossart einmal pro Woche über alltagsrelevante philosophische Fragen. Zusammen generierten alle Folgen in den ersten acht Tagen 124’000 Videostarts; die Hälfte davon stammte von unter 45-Jährigen.
«La fabrique des Suisses»: Einblicke in das Schweizer Einbürgerungsverfahren
Ein Pass und 2000 Wege, ihn zu bekommen: In der Schweiz laufen Einbürgerungsverfahren von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ab. Die vierteilige Dokumentarserie «La fabrique des Suisses», die RTS zusammen mit RSI, RTR und SRF produziert hat, blickte hinter die Kulissen des komplexen Einbürgerungsverfahrens und begleitete einbürgerungswillige Familien, Ehepaare sowie Einzelpersonen aus allen vier Sprachregionen auf ihrem Weg zur Schweizer Staatsbürgerschaft. Die Dokuserie von Madeleine Brot, Laurent Nègre und Noémie Guignard zeigte eindrücklich, wie langwierig und anspruchsvoll das Einbürgerungsverfahren ist. Und sie belegte, dass die Einwohnerinnen und Einwohner in Lausanne im Kanton Waadt, Freienbach im Kanton Schwyz, Pontresina im Kanton Graubünden und Lugano im Kanton Tessin nicht die gleichen Chancen haben, den Schweizer Pass zu bekommen.
RTS reformiert ihr kulturelles Angebot
Im Frühling 2020 hat RTS ihr kulturelles Angebot überarbeitet: «RTS Culture» ist zum Markenzeichen des kulturellen Angebots von RTS geworden und die Website rts.ch/info/culture zu dessen Schaufenster. Wer sich für Literatur interessiert, kann den neuen RTS-Kulturnewsletter «QWERTZ» abonnieren und erhält jeden Freitag Sendungs-, Event- und Büchertipps – aufbereitet in Form von Text, Video oder Audio. Auch das kulturelle Angebot auf Social Media wurde 2020 weiterentwickelt. Bei Radio Espace 2 und im Fernsehen auf RTS 1 wird es 2021 zu Programmänderungen zu kommen. So wird die Magazinsendung «Ramdam» die langjährige Sendung «La Puce à l’oreille» ersetzen. «Ramdam» wird Theater, Tanz und Musik vereinen – ganz nach dem Motto: Kultur erleben statt darüber diskutieren.
«In einer Welt, die sich immer schneller dreht und von den Auswirkungen der Corona-Pandemie gezeichnet ist, braucht es Kultur mehr denn je. Sie bildet die solide Basis, die wir in diesen Zeiten benötigen. Um ihrem Kulturauftrag gerecht zu werden, hat RTS Culture ihre Präsenz auf allen Vektoren verstärkt.»
«Vacanze a km 0»: Ferien vor der Haustüre
Viele Menschen mussten in den Sommerferien wegen der Corona-Pandemie zuhause bleiben und konnten nicht ins Ausland verreisen. RSI hat Abhilfe geschaffen und im Radio, Fernsehen und online ein aussergewöhnliches Sommerprogramm für Zuhausegebliebene auf die Beine gestellt. Das Motto lautete: die Region vor der eigenen Haustüre entdecken, sich überraschen lassen, ein Abenteuer wagen. «Vacanze a km 0» stellte den Zuschauerinnen und Zuschauern in 14 Folgen bezaubernde Orte, einzigartige Wanderwege, kulturelle Ausstellungen, sportliche Aktivitäten und Spezialitäten im Tessin vor. Die Sendung wurde von Montag bis Sonntag auf RSI LA 1 ausgestrahlt und bot dem Publikum Hintergrundinformationen und Unterhaltung zur besten Sendezeit.
Literarische Highlights auf Rete Due
Viele Literaturfestivals mussten 2020 abgesagt oder verschoben werden. Rete Due startete deshalb im Sommer zwei Initiativen zur Wiederbelebung der regionalen Literaturszene. Zum einen wurden im Rahmen des Literaturfestivals «Festival d’autore» die besten Aufnahmen vergangener Literaturfestivals kuratiert und auf Rete Due ausgestrahlt. Zum anderen wurden Autorinnen und Autoren der Schweizer Vereinigung italienischsprachiger Schriftsteller (ASSI) gebeten, eine Kurzgeschichte über einen ihrer Lieblingsorte zu schreiben. Gut 30 Autorinnen und Autoren haben sich an der Aktion unter der Leitung von Alan Alpenfelt beteiligt. Entstanden ist eine Sammlung mit spektakulären Reisezielen. Anlässlich des Schweizer Vorlesetags am 27. Mai strahlte Rete Due fünf dieser Geschichten aus.
«1.7 milliuns»: Menschen mit einer Behinderung erzählen
In der Schweiz leben rund 1,7 Millionen Menschen mit einer körperlichen, kognitiven oder psychischen Behinderung. In der RTR-Audioserie «1.7 milliuns» erzählten Betroffene von ihrem Leben, von den Hürden des Alltags und von Erlebnissen bei der Arbeit. Die Serie porträtierte unter anderem die «écolsiv»-Ausbildung in Zürich. Die Idee dieses Projekts ist, dass Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung drei Jahre lang denselben Unterricht wie angehende Lehrerpersonen besuchen und eine praktische Ausbildung erhalten. So werden sie für eine pädagogische Tätigkeit in der Schule vorbereitet und können diese Tätigkeit später ausüben.
Rätoromanische Literatur in Form von Podcasts
Ein Fixpunkt im rätoromanischen Literaturalltag ist die Kult-Sendung «Impuls». Seit 2018 geht das Format unter dem Namen «Impuls en gir» regelmässig auf Lesereisen. Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnte im August eine der geplanten Lesungen stattfinden, dies in aussergewöhnlichem Ambiente in der Gärtnerei Müller in Susch. Seit 2020 gibt es «Impuls» auch als Podcast. Und ein weiterer kam letztes Jahr hinzu: Der Podcast «Peda per prosa» bietet seinen Hörerinnen und Hörern hochkarätige rätoromanische Literatur, die von Leo Tuor, Rut Plouda, Dumenic Andry, Romana Ganzoni, Jürg Gautschi und Viola Cadruvi vorgetragen wird. Das Angebot findet beim Publikum grossen Anklang.
Romana Ganzoni liest rätoromanische Literatur für den Podcast «Peda per prosa».
«Während dieser zweiten Corona- Welle, die ich wieder so isoliert wie möglich zuhause verbringe, tut es mir gut, längere Prosatexte zu hören und in Zeiten seltener gewordener Gespräche mit der rätoromanischen Sprache verbunden zu bleiben.»