Wie Mitarbeitende die Arbeit während der Corona-Pandemie erlebt haben

Valérie Wacker
Moderatorin «Info 3», Mitarbeiterin der Nachrichtenredaktion und Host des Podcasts «Einfach Politik» bei Radio SRF

Valérie Wacker, wie haben Sie in der Chefredaktion Audio von Radio SRF auf die Corona-Krise reagiert?

Anfang 2020 bekam ich den Auftrag, Pilotsendungen für einen neuen News-Podcast zu entwickeln. Als die Corona-Pandemie kam, stieg das Informationsbedürfnis des Publikums sofort: Fragen an allen Fronten. Aus dieser Situation heraus entstand der Podcast «Corona kompakt». Das Format war von Anfang an auf Interaktion mit dem Publikum ausgelegt und wurde rege genutzt. Es kamen Fragen zu allen Lebensbereichen. Auf einmal rückten Sendungen wie «Kassensturz», «Espresso» oder «Puls» viel näher an den Newsbereich – es entstanden neue Synergien.

Wie hat die Corona-Krise Ihren Arbeitsalltag verändert?

Die Ausnahmesituation hat ungeahnte Kräfte freigesetzt. «Corona kompakt» lief schon, gleichzeitig entwickelten wir im Homeoffice das Nachfolgeformat «News Plus». So konnten wir erste Erfahrungen direkt umsetzen. Toll war auch, bei den Befragungen des Testpublikums zuzuhören – dieses ungefilterte Feedback war sehr lehrreich. Man muss wissen: Vor Corona war Homeoffice für Radio-Redaktorinnen und -Redaktoren undenkbar. Das hat sich schlagartig geändert. Seit Beginn der zweiten Welle produzieren wir den «News Plus»-Podcast wieder vollständig aus dem Homeoffice.

Was war die grösste Herausforderung beim Wechsel ins Homeoffice? 

Da ich auch für die Nachrichten und «Info 3» arbeite, dauerte meine längste Homeoffice-Phase zwei Wochen. Schon nach dieser Zeit genoss ich es sehr, wieder im Studio zu stehen, anstatt mir zuhause zwecks akustischer Optimierung beim Aufnehmen die Bettdecke über den Kopf zu ziehen.

Dominic Witschi
Operativer Leiter Interne Kommunikation, Corporate Publishing und Events SRG und Mitglied des Pandemie-Teams SRG

Dominic Witschi, im März 2020 hat die SRG ein Pandemie-Team ins Leben gerufen. Was ist seine Aufgabe?

Die SRG will die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bestmöglich schützen und ihren Auftrag gemäss Konzession optimal erfüllen. Mit diesem Ziel beobachtet und analysiert das Pandemie-Team SRG laufend die aktuelle Lage und passt die Empfehlungen und Massnahmen in Abstimmung mit den behördlichen Auflagen an.

Sie sind im Pandemie-Team für die Kommunikation zuständig. Mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich 2020 konfrontiert?

Die grösste Herausforderung war, dass wir die Kommunikation im März 2020 von null auf hundert hochfahren mussten. Bis auf einen leichten Rückgang im Hochsommer blieben die Kommunikationsiterationen konstant hoch: Wir haben 2020 im Intranet zu keinem anderen Thema mehr Artikel publiziert als zu Corona. Mit anderen Worten: Corona tauchte aus dem Nichts auf – und die Arbeit kam auf die anderen laufenden Themen obendrauf.

Welche Vorteile hat ein unternehmensweites Pandemie-Team?

Im Pandemie-Team sind alle Bereiche vertreten: die erforderlichen Fachkompetenzen sowie alle Sprachregionen beziehungsweise Unternehmenseinheiten, die Generaldirektion und die Tochter­gesellschaft SWISS TXT. In diesem Rahmen können Corona-Massnahmen schnell entschieden, koordiniert und unternehmensweit kommuniziert werden. Das wäre ohne Pandemie-Team unmöglich.

Alexis Favre
Produzent und Moderator der RTS-Sendung «Infrarouge»

Alexis Favre, wenige Tage nach dem Lockdown sind Sie mit der Sendung «AntiVirus» live gegangen. Was war die Idee dahinter?

Wir wollten ein Fenster zur französischsprachigen Schweiz offen halten, als alle zu Hause bleiben mussten. Damit die Menschen weiter miteinander reden und einander etwas erzählen konnten. Wir haben die Sendung in nur drei Tagen konzipiert und umgesetzt. Die Idee bestand darin, dem Publikum täglich eine 20-minütige Sendung im Stil einer Talkshow zu bieten – erfrischend anders und ungezwungen, einfach aus der Ferne. Die Sendung fand Anklang beim Publikum. Wir haben sogar Rückmeldungen aus dem Ausland bekommen, da sie weltweit auf TV5 Monde ausgestrahlt wurde.

Wie war es möglich, ein neues Format in so kurzer Zeit zu realisieren?

Das Ganze war sehr sportlich und spontan. Das gesamte Team von «Infrarouge» und die Leute aus der Produktion von «Couleurs locales» haben sich von einem Tag auf den anderen an die neue Sendung gemacht, und zwar mit den Mitteln, die uns zur Verfügung standen: das Sportstudio, ein rotierendes Team aus Leuten, die verfügbar waren, und sehr viel Energie. Paradoxerweise hat uns Skype ermöglicht, Gäste dabei zu haben, die man manchmal nur schwer ins Studio bekommt.

Wie haben Sie die Stimmung bei Ihnen im Team während der Corona-Krise erlebt?

Die Krise dauert nun schon lange. In den ersten Monaten, in der Zeit von «Antivirus» und der ersten Welle, waren wir vom Adrenalin angetrieben, ein bisschen wie Soldaten in Kriegszeiten. Die Müdigkeit und die Erschöpfung kamen dann später, mit der zweiten Welle. Das alles beherrschende Thema Covid ist ziemlich anstrengend geworden.

Franziska Zahnd
Leiterin Dispo Studio Bundeshaus

Franziska Zahnd, seit Jahren begleiten Sie Grossereignisse in der Schweiz hautnah. Wann haben Sie realisiert, dass eine historische Krise bevorsteht?

Am Samstag, 29. Februar 2020, bekam ich als Pikettverantwortliche einen Anruf und erfuhr, dass eine ausserordentliche Pressekonferenz des Bundes bevorstand. Mir wurde schlagartig bewusst, dass eine Sache auf uns zukam, deren Dimension wir noch gar nicht abschätzen konnten. So richtig eingefahren ist mir dann der 16. März. Als «Single Point of Contact» erhielten wir vorab die Medienmitteilung des Bundesrats mit dem Titel: «Coronavirus: Bundesrat erklärt die ausserordentliche Lage» – ein historischer Moment, das war mir klar.

Wie haben Sie sich und Ihre Mitarbeitenden – Tontechnikerinnen, Kameramänner, Grafikerinnen usw. – bei der Arbeit geschützt?

Als der Lockdown verhängt wurde, bildeten wir zwei Teams, die sich wochenweise ablösten. Zu Beginn wussten wir schlicht nicht, welchem Risiko wir am Arbeitsplatz, in den Studios und bei den Dreharbeiten ausgesetzt waren. Denn es war noch unklar, wie das Virus übertragen werden konnte. Die Sicherheit und die Gesundheit der Mitarbeitenden standen immer an oberster Stelle. Kreativität und Improvisationstalent waren gefragt. Beispielsweise organisierten wir Plexiglasscheiben und umhüllten die Mikrofone mit Plastiksäckchen.

2020 hielt der Bundesrat etliche Medienkonferenzen ab und es gab eine Sondersession auf dem Bernexpo-Gelände. Was bedeutete das für Sie und Ihr Team?

Durchschnittlich decken wir im Medienzentrum etwa 50 Presse­konferenzen pro Jahr ab. Im «Coronajahr 2020» waren es insgesamt 160. Während des Lockdowns mussten wir mit nur der Hälfte des Personals gut dreimal so viele Einsätze wie gewohnt gewährleisten. Das erforderte vom ganzen Team ausserordentliche Flexibilität, Disziplin und grossen Durchhaltewillen.