Unsere Verantwortung für die Mitarbeitenden
Eine HR-Strategie für die SRG 4.0
«Starke Persönlichkeiten machen gute Programme. Auch den wirtschaftlichen Erfolg der SRG machen möglichst kompetente, leistungsorientierte und bewegliche Mitarbeitende aus: glaubwürdig und verantwortungsbewusst, loyal und fair. (…) Die SRG bietet fortschrittliche Anstellungs- und Arbeitsbedingungen und herausfordernde Tätigkeiten an. Offen prüft sie neue und flexible Arbeitsformen. Auf die physische und psychische Gesundheit aller achtet sie» (aus der «Personalpolitik SRG»).
Die SRG setzt in ihrer HR-Strategie Akzente auf Themen wie Talente fördern, Nachfolge planen, Umgang mit Veränderungen, Lernkultur, moderne Rekrutierung, Diversität und Flexibilität. Mit der Initiative «HRM SRG 4.0» wird das bestehende Human-Resources-Management in diese Richtung weiterentwickelt. Denn: Um den Reform- und Transformationsprozess der SRG erfolgreich zu gestalten, braucht es veränderungsbereite und veränderungsfähige Mitarbeitende. Wie die SRG ihre Mitarbeitenden auf dem Weg dorthin unterstützt und wie das Lernen künftig in der SRG aussehen soll, erklärt Jan Henseleit, Leiter HR-Strategie und Personalentwicklung, im Interview (siehe unten).
Schutz der persönlichen Integrität
Ende Oktober 2020 wurden in verschiedenen Schweizer Medien Vorwürfe von Belästigungen und inakzeptablen Verhaltensweisen publik – zunächst betreffend RTS und später auch betreffend RSI. Die SRG verurteilt Belästigungen aufs Schärfste und bedauert, dass Mitarbeitende des Unternehmens einem solchen Verhalten ausgesetzt waren. Anfang November 2020 hat der Verwaltungsrat SRG umgehend die erforderlichen Schritte in die Wege geleitet. So liefen in den letzten Monaten gleichzeitig verschiedene unabhängige Untersuchungen: eine zu den aufgedeckten Vorwürfen von Belästigungen bei RTS, eine zweite zur Verantwortungskette bei RTS in diesen Fällen und eine dritte zu den Instrumenten, die den SRG-Mitarbeitenden zur Verfügung stehen, um Verstösse gegen die persönliche Integrität oder andere Vergehen zu melden. Zudem läuft bei RSI eine vierte unabhängige Untersuchung zu den dort eingegangenen Meldungen. Nun liegen erste Ergebnisse der Untersuchungen bei RTS vor. Die SRG hat auf ihrer Website Ende April darüber informiert (siehe srgssr.ch > News & Medien). Die Tessiner Resultate werden im zweiten Quartal 2021 erwartet.
Sozialpartnerschaft: Verlängerung des Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs
Am 3. Dezember 2019 fiel der Startschuss für die Verhandlungen des neuen Gesamtarbeitsvertrags (GAV). Wegen der Corona-Pandemie mussten die Verhandlungen im Frühling 2020 jedoch unterbrochen werden. Im Herbst 2020 wurden sie wieder aufgenommen, sie sollen im zweiten Quartal 2021 abgeschlossen sein. Das Inkrafttreten des neuen GAV verschiebt sich somit von 2021 auf 2022.
Die SRG will den GAV insbesondere in folgenden Punkten weiterentwickeln:
- Die Personalentwicklung und die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung sollen verstärkt werden.
- Moderne Arbeitsformen wie «Work Smart», also flexibles, orts- und zeitunabhängiges Arbeiten, sind bereits heute gelebte Praxis. Die SRG will sie im GAV verankern.
- Ältere Mitarbeitende können kürzertreten und sollen das Recht erhalten, ihren Beschäftigungsgrad schrittweise zu senken.
- Mütter und Väter sollen nach einer Geburt das Recht haben, den Beschäftigungsgrad bis zu einem bestimmten Sockel zu reduzieren.
Ein erstes Verhandlungsergebnis liegt bereits vor: Die SRG hat in Absprache mit dem Sozialpartner SSM entschieden, ab 1. Januar 2021 den Müttern Anrecht auf 18 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub (bisher 16 Wochen) zu gewähren, den Vätern 4 Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub (bisher 2 Wochen). Mit diesen Massnahmen will die SRG als familienfreundliche Arbeitgeberin ein Zeichen setzen.
Sparmassnahmen: Sozialplan verlängert
Die SRG hat aufgrund des starken und anhaltenden Rückgangs der Werbeeinnahmen für die Jahre 2021–2024 weitere Sparmassnahmen beschlossen. Diese führen zu einem Abbau von bis zu 250 Stellen in diesem Zeitraum. Die SRG will die Massnahmen sozialverträglich umsetzen und wenn immer möglich die natürliche Fluktuation ausnutzen. Trotzdem können Kündigungen nicht vermieden werden.
Die SRG hat deshalb den Sozialplan angepasst und verlängert. Zudem hat sie weitere Abfederungsmassnahmen beschlossen, die 2021 gelten: Freiwillige vorzeitige Pensionierungen werden unterstützt, Umschulungen gefördert und gekündigte Personen in ihrer beruflichen Neuorientierung stärker begleitet, unter anderem mit einer verlängerten Kündigungsfrist.
Pensionskasse
Senkung des technischen Zinssatzes
Bereits 2019 hatte der Stiftungsrat der Pensionskasse SRG SSR (PKS) aufgrund des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus beschlossen, per 31. Dezember 2020 den technischen Zinssatz von bisher 2,25 auf 1,75 Prozent herabzusetzen. Deshalb wurde auch der Umwandlungssatz per 1. Januar 2021 von 5,35 auf 5 Prozent gesenkt. Um die Auswirkungen auf künftige Renten teilweise abzufedern, haben alle Aktivversicherten im Beitragsprimat am 1. Januar 2021 eine jahrgangsabhängige Einmaleinlage erhalten. Das Leistungsniveau der Versicherten im Leistungsprimat sowie die laufenden Renten bleiben unverändert. Die PKS trägt die Gesamtkosten dieses Massnahmenpakets in der Höhe von 145 Millionen Franken.
Verbesserter Vorsorgeschutz für ältere Arbeitnehmende
Aufgrund des Inkrafttretens des neuen Art. 47a BVG per 1. Januar 2021 hat der Stiftungsrat die Bestimmungen zur freiwilligen Weiterführung der Versicherung angepasst. Alle PKS-Versicherten ab 55 Jahren können im Falle einer Kündigung durch die Arbeitgeberin auf freiwilliger Basis – jedoch zu eigenen Lasten – in der PKS versichert bleiben.
Integration der Kadervorsorge
Die Kadervorsorge Gemini wurde per 31. Dezember 2019 aufgelöst und in die PKS überführt. Einerseits wurden die Austrittsleistungen der betroffenen Kadermitarbeitenden per 1. Januar 2020 dem individuellen Altersguthaben bei der PKS gutgeschrieben, andererseits wurden die laufenden Rentenverpflichtungen ab Januar 2020 von der PKS geleistet.
Marktturbulenzen
Die finanziellen Märkte haben sich nach einer markanten Korrektur im Frühling 2020 wieder erholt. Die Entwicklung des internationalen Zinsniveaus hat für positive Renditen im Obligationenbereich gesorgt. Die Nullzinspolitik der weltweiten Nationalbanken führte kurzfristig zu Gewinnen in den Geschäftsbüchern. Langfristig ist diese Politik für Pensionskassen besorgniserregend, weil neu herausgegebene Obligationen keine oder negative Renditen abwerfen. Nichtdestotrotz hat die PKS 2020 eine Nettorendite von 3,6 Prozent (Vorjahr 13,3 Prozent) erzielt. Die Guthaben der aktiven Versicherten wurden mit 1 Prozent verzinst. Der Deckungsgrad per 31. Dezember 2020 beträgt 106,5 Prozent.
Personalentwicklung SRG
Jan Henseleit
Leiter HR-Strategie und Personalentwicklung
Jan Henseleit, das Jahr 2020 war auch für die Ausbildung ein ganz besonderes Jahr. Wie haben Sie die Corona-bedingten Herausforderungen gemeistert?
Als Corona zu Beginn des Jahres ins Spiel kam, war es für die Ausbildungsverantwortlichen ein «Eiertanz». Zu entscheiden, was noch physisch angeboten werden kann und unter welchen Bedingungen, war anspruchsvoll. Die Erfahrungsgrundlage fehlte. Während des Lockdowns im Frühling ging es erst einmal darum, alle kurz bevorstehenden Weiterbildungen neu zu planen. Ziemlich rasch sind virtuelle Weiterbildungsformate zum Einsatz gekommen. Einige für den physischen Raum konzipierte Weiterbildungen konnten online via Skype oder Teams in angepasster Form wieder aufgenommen werden. Wir haben viel ausprobiert, viel gelernt und lernen immer noch dazu.
Wo sehen Sie die wichtigsten Handlungsfelder in der Ausbildung?
Gemeinsam mit den Ausbildungsleiterinnen und HR-Leitern haben wir uns dieses Jahr vertieft mit der Ausbildung und der Personalentwicklung auseinandergesetzt. Wir haben uns mit Fragen beschäftigt wie «Was tun wir heute?», «Was wird morgen anders?» oder «Was sind unsere aktuellen Herausforderungen in der Personalentwicklung?». Ein wichtiges Handlungsfeld sehen wir in der Weiterentwicklung der Berufsbilder. Eine Radiojournalistin macht heute viel mehr als «nur» Radio. Ein Fernsehjournalist produziert je nach Format mit dem eigenen Smartphone. Der Onlinejournalismus verändert sich laufend, die eingesetzten Technologien ebenso. Da stellt sich die Frage, wie wir seitens Ausbildung «just in time» mit adäquaten Angeboten unterstützen können. Hierbei sind insbesondere die Fachspezialistinnen und -spezialisten gefragt. Auch die Personalentwicklung spielt in unseren Augen eine entscheidende Rolle, um bei Veränderungsvorhaben die betroffenen Mitarbeitenden zu unterstützen und fit für Neues zu machen.
Welche Ausrichtung ergibt sich künftig für die Ausbildung?
Das Corona-Jahr hat uns einen kleinen «Schubs» gegeben, um vermehrt Neues auszuprobieren. Onlineformate in der Aus- und Weiterbildung werden mehr Gewicht und Akzeptanz erhalten. Auch Selbstlernformate wie klassische E-Learnings gewinnen zunehmend an Bedeutung. Generell ist es unser Ziel, Personalentwicklungsmassnahmen vermehrt zu individualisieren. Seitens Ausbildung wird es darum gehen, die individuellen Lernpfade enger zu begleiten und mit den richtigen Puzzleteilen zu bestücken. Wir wissen schon länger aus verschiedenen Untersuchungen, dass 70 Prozent des Lernens «on the job» geschieht. Es ist also wichtig, eine Lernkultur zu etablieren, die gegenseitiges Lernen noch besser ermöglicht. Dabei spielen Aspekte wie Feedback geben, annehmen und einfordern eine zentrale Rolle, aber auch, Wissen transparent weiterzugeben. Zudem ist es wichtig, nicht nur zu kommunizieren, was gut funktioniert hat, sondern gerade auch, was schiefgelaufen ist.