Die SRG hat den Auftrag, das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen zu fördern. Trotz landesweit verordnetem «Social Distancing» haben die vier Sprachregionen 2021 insbesondere im Informationsbereich eng zusammen­gearbeitet und darüber hinaus verschiedene Projekte realisiert – unter anderem die Jazzreihe «Classical & Jazz Talents» und den Dokumentarfilm «Der Fall des kleinen Luca».

Die Newsredaktionen von RSI, RTR, RTS und SRF arbeiten bei den Primetime-Sendungen «Tagesschau», «Schweiz aktuell», «10 vor 10», «Couleurs locales», «Le 19h30», «Il Quotidiano», «Telegiornale» und Telesguard» intensiv zusammen. Täglich finden Telefonkonferenzen statt, um Informationen auszutauschen und die Planung abzugleichen. Die Newsredaktionen teilen sich das Korrespondent:innen-Netz im In- und Ausland, nutzen Synergien und tauschen Know-how aus, insbesondere bei Wahlen und Abstimmungen. Sie produzieren auch gemeinsam Informationsserien oder übernehmen diese von anderen Unternehmens­einheiten.

«Diverse Studien und Umfragen zeigen, dass das SRG-Publikum einerseits gerne Inhalte über die eigene Region konsumiert und anderseits auch mehr über die schweizerischen Nachbarn erfahren möchte.»

René Spescha
bis Ende Januar 2021 Produzent und interregionaler Koordinator bei RTR

Einblick in die kulturellen Gepflogenheiten der anderen Sprachregionen

Seit nunmehr zehn Jahren vermitteln die ersten Radiosender aller vier Sprachregionen – SRF 1, RTS La Première, RSI Rete Uno und Radio RTR – in der Informationssendung «Die Anderen – Les autres – Gli altri – Ils auters» einen wöchentlichen Einblick in eine andere Sprachregion der Schweiz. Weshalb hat das Martinsfest im Jura eine grosse Bedeutung? Warum füttern die Bauern in Épendes ihre Kühe mit Schokolade? Kann der Rabadan, die Fasnacht im Tessin, durchgeführt werden? Oder: Was hat ein uraltes Schwert mit der romanischen Sprache zu tun? Vor gut einem Jahr wurde die Rubrik neu mit einem Lied aus der jeweils anderen Region angereichert. Denn Sprachgrenzen sind oft auch kulturelle Grenzen, obwohl Musik eigentlich grenzenlos sein sollte. Diese musikalische Ergänzung hat sich sehr bewährt.

Gemeinsame Sache im digitalen Bereich

Die zehnteilige nationale Animationsserie «Let’s Say» wurde auf den digitalen Plattformen und den regionalen Playern Play RSI, Play RTR, Play RTS und Play SRF sowie auf Play Suisse ausgestrahlt. Am Anfang dieser Produktion standen SRF Virus, RTS Tataki, RSI Spam und RTR Battaporta. Das gemeinsame Ziel war, eine humoristische Animationsserie für ein junges Publikum zu produzieren, die der DNA der SRG und unseren Zielgruppen entspricht. Zu diesem Zweck wurden vier Autor:innen aus den vier Sprachregionen beauftragt. Die erste Hürde war die Sprache. Um sicherzustellen, dass die Sketche von allen verstanden werden, verfassten die Autor:innen die Drehbücher und Dialoge der Episoden auf Englisch, bevor sie in die vier Schweizer Landessprachen übersetzt wurden. Das war eine anspruchsvolle Aufgabe, zumal der Sinn für Humor nicht in allen Sprachregionen gleich ist. Die Serie wurde im Sommer 2021 online publiziert.

Die Animationsserie «Let’s Say» wurde in vier Sprachen übersetzt.

Schweizer Musik rund um die Uhr

Schweizer Musiktag

Anlässlich des Schweizer Musiktags am 16. September 2021 spielten die Radiosender der SRG 24 Stunden lang ausschliesslich Musik von Schweizer Künstler:innen. Radio SRF 1 diskutierte unter anderem mit dem Mundart-Musiker Toni Vescoli, der Musikerin und Songwriterin Jaël und dem Saxofonisten und Bandleader Pepe Lienhard über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Schweizer Musikszene. Rete Uno legte den Fokus auf Schweizer Lieder in französischer und italienischer Sprache, Radio RTR auf die rätoromanische Musikszene. Auch in der Westschweiz kam die Schweizer Musik zum Zug: Die Berner Musikerin Veronica Fusaro, die Rapperin Silance und das Folk-Duo The Woodgies traten live bei RTS La Première auf. Der Fernsehsender RTS 2 nahm die Zuschauer:innen mit auf eine Zeitreise durch die Schweizer Musikszene ab 1954. RSI LA 2 präsentierte ebenfalls eine Reihe von Konzerten und Porträts von Musiker:innen. An diesem Tag feierte zudem die Schweizer Musikplattform mx3.ch ihren 15. Geburtstag. Die Plattform wird von den Radiosendern Rete Tre, SRF 3, Couleur 3, SRF Virus und Radio RTR betrieben. Acht Schweizer Künstler:innen aus allen Sprachregionen traten im Musikclub Fri-Son in Freiburg anlässlich des Jubiläums auf.

«Pavillon Suisse»

Im Rahmen des Projekts «Pavillon Suisse» tauschen Radio SRF 2 Kultur, Espace 2 und Rete Due regelmässig Aufnahmen der wichtigsten klassischen Orchester des Landes aus. Auch dieses Projekt wurde von den Auswirkungen der Pandemie nicht verschont. Mehrere Ausgaben konnten nur in einer oder zwei Regionen produziert werden. Im September reichte es glücklicherweise doch noch für eine Premiere: Bei der Jazzreihe «Classical & Jazz Talents» waren zum ersten Mal alle vier Sprachregionen vertreten.

Kamera läuft oder Daumen hoch für «Signes» national

«Signes» ist eine interregionale Sendung in Gebärdensprache. Sie ist monothematisch und wird von Gehörlosen präsentiert. Das Programm richtet sich an Gehörlose, Hörgeschädigte und alle, die sich für die Sprache und Kultur der Gehörlosen interessieren. Die nationale Redaktion «Signes» will eine Verbindung über die Regionen hinweg schaffen, da sich auch die Gebärdensprache von Region zu Region unterscheidet. Bis Ende 2019 produzierte RTS in Genf neun Sendungen von «Signes» pro Jahr. Diese wurden jeweils regional angepasst. Nun geht die interregionale Zusammenarbeit zwischen RTS und SRF bereits ins zweite Jahr. In der nationalen Redaktionssitzung werden die Themen und das filmische Storytelling für die Sendungen diskutiert. Dabei ist der Austausch zwischen Gehörlosen mit französischer Gebärdensprache und Deutschschweizer:innen mit deutschen Gebärden nicht ganz einfach. «Signes» national soll die Inklusion und den Zusammenhalt innerhalb der Schweiz fördern.

Austausch auf allen Ebenen und in allen Sprachregionen

«Eusi Landchuchi – Cuisine de chez nous – Cucina nostrana»

«Eusi Landchuchi» ist ein beliebter Kochwettbewerb, der den gastronomischen Regionen und den Protagonist:innen gewidmet ist. Die Sendung hat sich in ihrer fünften Staffel zu einer Kultsendung von RSI, RTS und SRF entwickelt. «Eusi Landchuchi» ist nicht nur ein kulinarischer Wettbewerb, sondern repräsentiert auch die Vielfalt der Schweiz. Sieben Hobbyköch:innen aus den vier Sprachregionen treten gegeneinander an und stellen dem Publikum ihr Leben, ihre Geschichten und ihre Familien vor. Die zubereiteten Gerichte müssen nicht nur schmecken, sondern in der Region Tradition haben, eine Geschichte erzählen und mit überwiegend regionalen Zutaten zubereitet sein. Während der Mahlzeit werden Meinungen und Standpunkte ausgetauscht und Alltagserfahrungen beleuchtet.

«Der Fall des kleinen Luca – L’affaire du petit Luca – Il caso del piccolo Luca»

Der Dokumentarfilm «Der Fall des kleinen Luca», der von RSI, RTS und SRF ausgestrahlt wurde, ist die erste Folge einer nationalen Reihe grosser Justizgeschichten, welche die Schweiz in den letzten 50 Jahren erschüttert haben. Die Dokumentarserie soll zeigen, dass Dokumentationen fiktionalen Serien punkto Qualität und Publikumserfolg in nichts nachstehen. Ein Wermutstropfen: Die Protagonist:innen wollten bei den Dreharbeiten nicht mitwirken. Infolgedessen mussten das Drehbuch während der Dreharbeiten neu ausgerichtet und Szenen nachgespielt werden. Darüber hinaus erforderten rechtliche Fragen eine intensive Begleitung durch die Rechtsabteilung von RTS. Die Produktion dieses Films war eine schwierige Übung, im Hinblick auf künftige Produktionen aber eine wichtige Erfahrung.

Adaptionen

Neben gemeinsamen Projekten war auch der Austausch von Programminhalten ein wichtiger Teil der interregionalen Zusammenarbeit. Vom Einzelinterview bis hin zu Serien wurden Sendungen ausgetauscht und in den Landessprachen adaptiert. Die Berührungsängste, die vor ein paar Jahren noch vorhanden waren, sind einer intensiven Zusammenarbeit gewichen. Eine Schwierigkeit betrifft die Rechtesituation. Die Sprachregionen schliessen sich international ihren Sprachgruppen an. Dies ist auch im rechtlichen Bereich der Fall. Deshalb konnten nicht immer alle Rechte für die Ausstrahlung in der ganzen Schweiz gleichzeitig erworben werden.

«Jede Sprachregion pflegt eine eigene Bildsprache und hat historisch bedingt unterschiedliche Formate und Sendungen. Es ist deshalb gar nicht so einfach, ein Format zu entwickeln, das für alle vier Sprachregionen passt.»

Monika Balmer
Interregionale Koordinatorin bei SRF