Medienpolitische Herausforderungen

Keine Einschränkung des Onlineangebots

Im Sommer 2021 hat das Parlament ein «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» verabschiedet. Dieses beinhaltete unter anderem den Ausbau der indirekten Medienförderung und neu die direkte Förderung von Online-Bezahlmedien. Ein Teil des Parlaments nahm das Onlineangebot der SRG als Widerspruch zu den geplanten Fördermassnahmen und als Konkurrenz zu den Angeboten der privaten Medien wahr. Auch die Digitalstrategie der SRG wurde hinterfragt. In der Sommersession 2021 sprach sich das Parlament jedoch gegen eine Einschränkung des SRG-Onlineangebots aus, mit der Begründung, dass ein digitales Angebot nicht nur zeitgemäss, sondern notwendig sei, und die SRG durch die Konzession bereits heute umfassenden Einschränkungen im Onlinebereich unterliege. Auch das Verbot von Radiosponsoring fand im Parlament keine Mehrheit.

Die Schweizer Bevölkerung hat das Massnahmenpaket zugunsten der Medien bei der Abstimmung vom 13. Februar 2022 abgelehnt. Schweizer Medien müssen folglich auf eine zusätzliche finanzielle Unterstützung verzichten. Wie es mit der Medienförderung weitergeht, ist noch offen. Die SRG ist von diesem Entscheid nicht direkt betroffen, steht den Massnahmen zur Stärkung des Schweizer Medienplatzes jedoch positiv gegenüber. Deshalb beteiligt sie sich am «Mediendialog», den das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Sommer 2021 lanciert hat, und sucht mit weiteren Akteuren der Schweizer Medienbranche nach gemeinsamen Lösungen und Kooperationsmöglichkeiten im digitalen Bereich.

Die SRG soll auch weiterhin ein digitales Service-public-Angebot bereitstellen.

Debatte über das Finanzierungsmodell

Ein weiterer Aspekt der Abgabefinanzierung hat 2021 für Diskussionen gesorgt: die Medienabgabe für Unternehmen. Das Parlament hatte sich zwar zu einem früheren Zeitpunkt gegen die komplette Abschaffung der Medienabgabe für Unternehmen ausgesprochen, die Doppelbesteuerung von Arbeitsgemeinschaften gab jedoch weiterhin zu reden. Das Parlament fand eine pragmatische Lösung, indem es einfache Gesellschaften per 2021 von der Abgabe befreite. Hingegen ist punkto Befreiung der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) von der Medienabgabe nocht nichts entschieden. Da KMU 99,7 Prozent der Unternehmen in der Schweiz ausmachen, hätte eine Annahme dieser Forderung ernsthafte Konsequenzen für den medialen Service public.

Forderung nach mehr Aufsicht

Das Parlament hat sich im Sommer für eine verstärkte politische Aufsicht über Service-public-Unternehmen, zu denen auch die SRG zählt, ausgesprochen. Der Bundesrat wird einen entsprechenden Gesetzesentwurf ausarbeiten. Des Weiteren sind mehrere Vorstösse hängig, die auf eine stärkere politische Kontrolle der SRG abzielen. Für die SRG ist jedoch zentral, dass ihre organisatorische und programmliche Unabhängigkeit sichergestellt ist.

Nachdem sich die Radiobranche im August darauf geeinigt hatte, die Verbreitung von Radioprogrammen über UKW zu einem späteren Zeitpunkt und bei allen Sendern gleichzeitig einzustellen, sah die Politik bei diesem Thema keinen Handlungsbedarf mehr. Im Vorfeld des Beschlusses hatten Gegner:innen der frühzeitigen UKW-Abschaltung eine öffentlichkeitswirksame Kampagne lanciert und mehrere politische Vorstösse gegen einen Verzicht auf die analoge UKW-Technologie eingereicht.

Im Dialog mit der Politik

Martina Vieli ist Leiterin Public Affairs bei der SRG. Im Interview spricht sie über ihre Arbeit, die Auswirkungen der Pandemie auf den Politbetrieb und die angekündigte Volksinitiative zur Halbierung der Medienabgabe.

Martina Vieli
Leiterin Public Affairs und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung SRG

Bei der SRG werden fast alle Themen schnell politisch: von Studio­­standorten über Verbreitungs­technologien bis hin zu Veränderungen im Programm. Welche Aufgaben hat Public Affairs konkret?

Wir beobachten die politischen Entwicklungen, begleiten Gesetzgebungsprozesse im Bundeshaus und vertreten die Interessen der SRG und des medialen Service public gegenüber politischen Entscheidungsträger:innen und Anspruchsgruppen auf nationaler und regionaler Ebene.

Wieso steht die SRG im Dialog mit der Politik?

Die SRG ist ein Service-public-Unternehmen. Bevölkerung und Politik haben zu Recht hohe Ansprüche an uns. Sie begleiten unsere Arbeit eng, interessiert und manchmal kritisch. Der Austausch mit politischen Entscheidungsträger:innen und politische Überzeugungsarbeit sind daher wichtig für die SRG. Sie kann ihren Auftrag nämlich nur erfüllen, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. So schaffen wir zum Beispiel aktuell bei der Politik Verständnis für die notwendigen Spar- und Transformationsprozesse innerhalb der SRG, die in der Öffentlichkeit und in der Politik immer wieder auf Kritik stossen.

Wie hat die Pandemie die politische Arbeit verändert?

Wegen der Pandemie kam der persönliche Austausch häufig zu kurz. Zahlreiche Anlässe wurden abgesagt und der Zugang ins Bundeshaus war für Lobbyist:innen teilweise stark eingeschränkt. Umso wichtiger war die Pflege von etablierten persönlichen Kontakten.

«Die SRG kann ihren Auftrag nur erfüllen, wenn die politischen Rahmen­bedingungen stimmen.»

Ein SVP-dominiertes Komitee hat im März 2022 eine Volksinitiative zur Halbierung der Mediengebühr lanciert. Was heisst das für die SRG?

Die Schweizer Bevölkerung hat sich erst vor knapp vier Jahren, im April 2018, mit einer klaren Mehrheit von 71,6 Prozent für einen starken Service public in den vier Sprachregionen ausgesprochen. Dennoch hat die SRG die Erwartung der Bevölkerung, sich weiterzuentwickeln, ernst genommen. Falls die SRG den medialen Service public in der Schweiz erneut verteidigen muss, wird sie das mit ganzer Kraft tun und eine neue Volksinitiative engagiert bekämpfen. Eine massive Reduktion der Medienabgabe hätte für die SRG, den medialen Service public und für die gesamte audiovisuelle Branche weitreichende Konsequenzen. Eine Halbierung der Medienabgabe würde aber vor allem die Sprachminderheiten hart treffen und die dezentrale Struktur der SRG gefährden. Zu einer Abstimmung kommt es frühstens in drei Jahren. Davor wird Public Affairs im parlamentarischen Prozess auf eine Ablehnung der Initiative hinwirken – wie damals bei No Billag.