Die Informations- und Nachrichtensendungen der SRG bieten eine unabhängige Sicht auf das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Geschehen in der Schweiz und im Ausland. 2021 haben Informationssendungen im Fernsehen 39 Prozent der Sendezeit ausgemacht, im Radio 15 Prozent.

«Eco Talk»: zwischen Wirtschaftsgrössen und neuen Gesichtern

Am 16. August 2021 startete SRF mit dem neuen Wirtschaftsmagazin «Eco Talk». Die erste Sendung beschäftigte sich mit der Frage, weshalb Wohnen in der Schweiz für viele Menschen unerschwinglich geworden ist. Moderator Reto Lipp lädt in der Regel ein, zwei oder drei Gäste zum «Eco Talk» ein. «Konzernchefs wollen in der Regel allein im Studio sein, sonst kommen sie nicht», sagt Reto Lipp. «Unser Publikum soll bei uns aber auch neue Gesichter aus der Wirtschaft entdecken.» Ergänzt werden die Gespräche mit Videoeinspielern oder animierten Grafiken, welche die Zusammenhänge illustrieren. Meist wird die Sendung im Studio aufgezeichnet. Wenn es sich anbietet, geht «Eco Talk» auch vor Ort und sendet live – wie etwa vom Swiss Economic Forum in Interlaken. Die erste Sendung des «Eco Talk» erreichte einen Marktanteil von 26,4 Prozent.

Neues Kompetenzzentrum für Aktualität

Neue Ära für Radio SRF 4 News und die Nachrichtenredaktion: Seit dem 1. Dezember 2021 senden sie aus dem Newsroom auf dem Campus Leutschenbach in Zürich. Dort bilden sie das Audio-Kompetenzzentrum für Aktualität und treiben die gemeinsame digitale Weiterentwicklung voran, unter anderem mit dem Podcast «News Plus». Die Nachrichtenredaktion produziert täglich rund 60 Nachrichtensendungen sowie Inhalte für die SRF News App. Radio SRF 4 News wiederum informiert über die wichtigsten Themen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Wissenschaft – und erreicht damit pro Tag mehr als 135’000 Hörer:innen. In Zukunft wird das Radioprogramm aus regelmässigen Newsupdates, Podcasts und aktuellen Audios bestehen, die als «Playlist» auch in der weiterentwickelten SRF News App zu finden sein werden.

Erste Radiosendung aus dem News- und Sportcenter von SRF am 1. Dezember 2021

Fernsehbilder von RTS für die ganze Welt

Am 16. Juni 2021 wurde Genf Schauplatz eines Gipfeltreffens zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem US-Präsidenten Joe Biden. RTS produzierte im Auftrag der Europäischen Rundfunkorganisation die Fernsehbilder dieses Ereignisses: von der Ankunft der Delegationen am Flughafen über den offiziellen Empfang der amerikanischen und russischen Behörden durch Bundespräsident Guy Parmelin bis hin zu den Pressekonferenzen. Für die Produktion waren rund 40 RTS-Mitarbeiter:innen und 15 Kameras im Einsatz. «Es war schwierig, einen genauen Einsatzplan zu erstellen, da sich alles in letzter Minute ändern konnte und die gesamte Stadt blockiert war», sagt Thierry Overney, Produktions­verantwortlicher bei RTS. Das Westschweizer Radio und Fernsehen begleitete den Event mit Sondersendungen im Radio, im Fernsehen und online. Die Ausgabe vom 16. Juni 2021 auf RTS 1 verfolgten durchschnittlich 81’000 Zuschauer:innen (49,7 Prozent Marktanteil).

Am 16. Juni 2021 fanden in Genf Gespräche statt zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden (Bild: Keystone SDA / Peter Klaunzer).

Themenwoche zum 11. September 2001

Die Nachrichtenredaktionen von RTS widmeten sich vom 5. bis 11. September 2022 dem 20. Jahrestag der Anschläge von 9/11. Im Radio, im Fernsehen und auf den digitalen Plattformen konnte das Publikum Archivauszüge, Analysen und Reportagen aus der Schweiz, dem Irak und den USA verfolgen. Philippe Revaz, RTS-Sonderkorrespondent in New York, realisierte mehrere Interviews, darunter auch eines mit Peter Theo Curtis, der damals zwei Jahre lang als Geisel in Syrien festgehalten wurde. Am 11. September 2021 moderierte Pierre-Olivier Volet auf RTS 2 eine Sondersendung zur Gedenkfeier in Amerika. Für das jüngere Publikum moderierte USA-Korrespondent Gaspard Kühn eine Live-Sendung auf Instagram.

«Il Faro del TG» beleuchtet das Zeitgeschehen abseits der Schlagzeilen

Tiefe statt Schnelllebigkeit, das ist die Idee von «Il Faro». Jeden Dienstag erhält «Il Faro» einen zehnminütigen Sendeplatz in der Fernsehnachrichtensendung «Telegiornale». Die Moderation und Redaktion übernehmen abwechselnd Francesca Campagiorni und Angelo D’Andrea. Ihre Gäste kommen aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Es sind in der Regel Gäste, die nicht im Rampenlicht stehen und eine andere Sicht auf ein viel diskutiertes Thema haben. Denn: Bei «Il Faro» geht es nicht um Streitgespräche, sondern darum, einen Sachverhalt für ein breites Publikum verständlich zu erklären und zu vertiefen.

«Ich war wirklich erstaunt und beeindruckt von Ihrem Mut, ein so direktes und ehrliches Interview auszustrahlen. Glückwunsch und danke!»

Zuschauerin von «Il Faro»

Das Tessin trauert um Marco Borradori

Am 10. August 2021 erlitt Marco Borradori, Stadtpräsident von Lugano, einen Herzstillstand. Noch am darauffolgenden Tag verstarb der 62-Jährige. Die grosse Anteilnahme der Tessiner Bevölkerung veranlasste die Stadtverwaltung, für die öffentliche Trauerfeier das Fussballstadion «Stadio di Cornaredo» zu reservieren. RSI begleitete die Trauerfeier als Host vor Ort sowie mit einer Sendung aus dem Fernsehstudio in Comano. Am 17. August um 9.00 Uhr begannen die zwei Livesendungen im ersten Fernsehprogramm und im Radio. Zahlreiche Zuschauer:innen verfolgten die fast dreistündige Trauerfeier im Fernsehen.

Leben mit dem Wolf

Die Frage, wie mit dem Wolf umzugehen ist, beschäftigte die Menschen in Graubünden auch letztes Jahr. Wie ist eine Koexistenz zwischen Mensch und Wolf im Alpenraum möglich? Wer war zuerst da – der Mensch oder das Tier? Genügen die Instrumente zur Regulierung der Bestände, welche dem Kanton zur Verfügung stehen? Diese und ähnliche Fragen thematisierte RTR in ihren Informationssendungen. Ausserdem realisierte RTR im Sommer einen Dokumentarfilm, der eindrücklich zeigte, worauf sich die Menschen im Alpenraum in Zukunft einstellen müssen. Der Film löste im Kanton Graubünden erneut politische Diskussionen über die Regulierung des Wolfes aus.

RTR-Dokfilm «Viver cun il luf è viver cun gritta, nunpussanza e fascinaziun»

Drogen und Pflegeberufe im Fokus der Berichterstattung

Immer wieder rückt RTR spezifische Themen in den Fokus der Berichterstattung. Im Rahmen einer Sonderwoche lag der Schwerpunkt auf dem Thema Pflege. Es entstanden unter anderem ein Dokumentarfilm zu verschiedenen Pflegeberufen, Instagram Lives mit involvierten Personen sowie eine politische Diskussion zu den Rahmenbedingungen in der Pflege. Auch das Thema Drogen stand Anfang Jahr im Fokus. Nebst einer multimedialen MAZ-Abschlussarbeit der RTR-Journalistin Anna Quinter, die ein besonderes Augenmerk auf das persönliche Umfeld von Drogenabhängigen und deren Umgang mit der Krankheit legte, produzierte RTR eine Videoserie mit Porträts von drei jungen Menschen.

Ein publizistisches Angebot für das Ausland

Der Bundesrat beauftragt die SRG, für das Ausland ein publizistisches Angebot bereitzustellen. Diesen Auftrag erfüllt die SRG mit den Informationsangeboten von SWI swissinfo.ch, tvsvizzera.it, TV5 Monde und 3sat. SWI swissinfo.ch richtet sich an Ausland­schweizer:innen und an der Schweiz interessierte Personen im Ausland. Die Onlineplattform prägt mit ihrer Berichterstattung das Bild der Schweiz im Ausland und ordnet die Rolle der Schweiz in globalen Entwicklungen und Ereignissen ein.

«Journalism Trust Initiative» und internationale Kooperationen

Seit 2021 ist SWI swissinfo.ch als erstes Schweizer Medium nach den Standards der «Journalism Trust Initiative» (JTI) zertifiziert, eine von Reporter ohne Grenzen initiierte Transparenzinitiative. Mit dem Qualitätslabel für vertrauenswürdige Nachrichtenquellen setzen SWI swissinfo.ch und weitere internationale Medien ein Zeichen gegen Desinformation. Seriöse journalistische Inhalte sind für Menschen und Suchmaschinen dank der Zertifizierung leichter zu finden und besser von Fake News zu unterscheiden. JTI überprüft die Prozesse bei der Nachrichtenproduktion alle zwei Jahre.

Gemeinsam mit europäischen Service-public-Medienunternehmen hat SWI swissinfo.ch unter der Leitung der European Broadcasting Union (EBU) das Projekt «A European Perspective» lanciert. Das Projekt stärkt europaweit die Vernetzung und die Zusammenarbeit von Journalist:innen. Ein digitales Nachrichtenzentrum ermöglicht es den Partnermedien, Inhalte über einen kuratierten Newsfeed zu sichten und in ihrer Sprache zu teilen. Die News werden mittels KI-Technologie automatisch in mehrere Sprachen übersetzt. Auf diese Weise überwinden die Partnermedien sprachliche Barrieren und machen Informationen aus anderen Nationen und Perspektiven zugänglich.

SWI swissinfo.ch ist seit 2021 Mitglied des Netzwerks DG7, das den Austausch und die Kooperation von öffentlichen Medien mit internationalem Angebot stärkt. Mit dabei sind unter anderem die Deutsche Welle, BBC World Service, ABC Australia, CBC Radio Canada und France Médias Monde.

Vom Kurzwellendienst zur Onlineplattform

Die Schweizerische Rundspruchgesellschaft (heute SRG SSR) strahlte 1935 die erste deutschsprachige Radiosendung für Auslandschweizer:innen aus. Später wurde der Kurzwellendienst für das Ausland als Schweizer Radio International bekannt. 1999 ging das Onlineangebot swissinfo.org in sieben Sprachen live und löste das Radio 2004 vollständig ab. Heute erreicht die Onlineplattform SWI swissinfo.ch mit ihrem Web- und App-Angebot monatlich über 4,5 Millionen Nutzer:innen, 69 Prozent davon im Ausland. Auf Social Media zählt SWI swissinfo.ch rund 1,7 Millionen Follower:innen. Das multikulturelle Team besteht aus 108 Mitarbeitenden und vereint insgesamt 12 Nationalitäten. SWI swissinfo.ch wird in zehn Sprachen angeboten: in Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Portugiesisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Russisch und Japanisch.

SWI swissinfo.ch erreicht mit ihrem Web- und App-Angebot monatlich über 4,5 Millionen Nutzer:innen.

«Glaubwürdig sind diejenigen, die offen zu ihren Fehlern stehen»

Larissa M. Bieler ist Chefredaktorin und Direktorin der SRG-Unternehmenseinheit SWI swissinfo.ch. Im Interview spricht sie über Qualität im Journalismus, Faktenchecks und Fehlertoleranz.

«Auch der Dialog ist ein wichtiger Teil von Qualität im Journalismus.»

Larissa M. Bieler
Chefredaktorin und Direktorin von SWI swissinfo.ch

Larissa, SWI swissinfo.ch hat 2021 das Qualitätslabel «Journalism Trust Initiative» (JTI) erworben. Weshalb?

Eine zentrale Erwartung jüngerer Zielgruppen an die Medien ist heute, dass Qualität rasch identifiziert und von Fake News unterschieden werden kann. So ist JTI mehr als ein Qualitätslabel: In Kooperation mit Tech-Unternehmen verbessert die Zertifizierung die Auffindbarkeit und Sichtbarkeit von Qualitätsjournalismus.

Welche Kriterien musste SWI swissinfo.ch erfüllen, um den JTI-Standard zu bekommen?

Geprüft wurden die Transparenz und die Einhaltung journalistischer Qualitätsstandards, redaktioneller Richtlinien, Verhaltenskodexe, ethischer Grundprinzipien im Journalismus sowie die Prüfverfahren für Fakten und Quellen.

Was bedeutet journalistische Qualität für SWI swissinfo.ch?

Das journalistische Kriterium der Relevanz ist zentral. Insbesondere die Nutzer:innen im Ausland möchten verstehen, inwiefern die Entwicklungen, die auch in der Schweiz bewegen, für sie relevant sind. SWI swissinfo.ch vertieft, erklärt und ermöglicht den Vergleich mit anderen Ländern. Denn der Kontext ist entscheidend. Einordnung setzt natürlich Recherche und Faktenchecks voraus. Das ist Handwerk. Hinzu kommen hohe Ansprüche bezüglich Diversität, Inklusion und Transparenz, für die wir als multikulturelles Team stark sensibilisiert sind. Auch der Dialog ist ein wichtiger Teil von Qualität im Journalismus. Unsere Communities teilen ihre Expertise und tragen so auch zur Vertiefung unserer Beiträge bei.

Wie stellen die Redaktionen von SWI swissinfo.ch sicher, dass die Qualität der Beiträge stimmt?

Wir arbeiten stetig an der Qualitätssicherung und leben die Arbeitsethik entlang der Sorgfalts- und Qualitätskriterien Relevanz, Professionalität, Unabhängigkeit, Vielfalt und Zugänglichkeit. Qualität braucht in erster Linie Zeit und eine Fehlerkultur, denn Fehler machen alle. Glaubwürdig sind diejenigen, die offen zu ihnen stehen und rasch korrigieren, was korrigiert werden muss. Ausreichend in die Recherche und in die Spezialisierung der Medienschaffenden zu investieren, macht Qualität erst möglich.

Wie prüfen die Redaktionen von SWI swissinfo.ch Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt?

Wir haben neu die Schlüsselrolle der Editorin respektive des Editors eingeführt. Die Editor:innen begleiten die Journa­list:in­nen vom Pitch bis zur fertigen Geschichte, prüfen Fakten, fördern die Perspektivenvielfalt und unterstützen die Recherche sowie das Storytelling. Es gilt bei uns mindestens das Vier-Augen-Prinzip; die Führungspersonen in den Sprachredaktionen überprüfen die Qualität der Inhalte vor der Publikation nochmals.

Wir wollen den nationalen Dialog wiederbeleben

Christophe Chaudet
Christophe Chaudet ist seit fast 30 Jahren für die SRG tätig. Er leitet die Direktion News und Sport bei RTS und ist Präsident der Chefredaktoren-Konferenz (CRK). Die CRK entwickelt und koordiniert die publizistischen Informationsangebote der SRG. In der CRK sind die Chefredaktor:innen von RSI, RTR, RTS, SRF und SWI swissinfo.ch vertreten.

«Die Krise von heute ist der Witz von morgen», erkannte der englische Schriftsteller H. G. Wells vor fast einem Jahrhundert. Vielleicht werden auch wir eines Tages über das Coronavirus lachen können. Zurzeit ist uns jedoch angesichts politischer, gesundheitlicher und klimabedingter Unsicherheiten nicht zum Lachen zumute. Deshalb setzen sich die Redaktionen der SRG unablässig dafür ein, die Widersprüche, die diese schwierige Zeit mit sich bringt, auszuräumen: Noch nie wurde die seriöse Informationsberichterstattung der öffentlichen Medien von einer schweigenden Mehrheit mehr geschätzt als heute, gleichzeitig wurden die öffentlichen Medien aber noch nie so lautstark von Minderheiten diskreditiert und mit Misstrauen und Verschwörungstheorien belegt.

Eine Krise jagt die nächste: Kaum ist das Feuer der Pandemie unter Kontrolle, entfacht sich im Osten des europäischen Kontinents ein neuer Konflikt. Der Krieg in der Ukraine erwischt das sorglose Europa auf kaltem Fuss – ein Europa, das jahrzehntelang so getan hat, als ob sich die Geschichte nicht wiederholen könne. Auch heute stehen die Medien an vorderster Front, wenn es darum geht, über die grossen Umwälzungen zu berichten.

Die Newsredaktionen der SRG tauschen sich ständig darüber aus, wie sie in diesem konfliktreichen Umfeld die redaktionelle Balance halten können. Die Chefredaktoren-Konferenz der SRG (CRK) hat beschlossen, mit gemeinsamen Projekten der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. Dadurch wird die Legitimation des überregionalen Ansatzes untermauert und zur Gemeinschaftsaufgabe. Es ist wichtiger denn je, unterschiedliche Perspektiven auf aktuelle Ereignisse über Sprachbarrieren hinweg zu spiegeln. Daran halten wir 2022 und darüber hinaus fest.

Alle redaktionellen Projekte haben eines gemeinsam: die Suche nach dem Sinn. Sie ist die Voraussetzung für das Zusammenleben in unserem Land – vor allem in einer Zeit, in der es oft an Orientierung fehlt. Diesen Sinn wiederzufinden und zurückzugeben, ist ohne Zweifel das Gebot der Stunde. Dazu müssen wir eine öffentliche, konstruktive Debatte anregen, in die wir die Bürger:innen einbeziehen. Das ist unsere Aufgabe, unsere Verantwortung.

In den Newsredaktionen der SRG werden wir uns mit Ehrgeiz für diese öffentliche Debatte einsetzen, insbesondere in den Monaten vor den eidgenössischen Wahlen. Wir wollen unsere Programme und Plattformen zu den Bühnen, den Rednerpulten, den Auditorien und Foren dieser öffentlichen Debatte machen. Wir wollen den nationalen Dialog wiederbeleben, damit wir eine realistische Schweiz von morgen zeichnen können.

Wir wollen unseren Blickwinkel öffnen und über den Horizont hinausschauen. So gefährlich wie die politischen Konflikte und die Folgen der Pandemie ist das Virus der Angst, denn es vergiftet die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir mussten in den letzten Wochen beobachten, wie Krieg in Europa wieder Realität wurde. Wir beobachten seit Jahren, wie Grenzen wieder geschlossen werden – und das in einer Welt, die alles für deren Öffnung getan hatte. Wenn man sich zu stark von unsichtbaren Feinden bedroht fühlt, seien es echte Krankheitserreger, atomare Supermächte oder ideologische Phantasmen, tendiert der Mensch dazu, die Gefahr als allgegenwärtig wahrzunehmen.

Deshalb ist in unseren Redaktionen vor allem Weitsicht gefragt. In einer Zeit der Abschottung kommt es besonders darauf an, zwischen den Sprachregionen der Schweiz redaktionelle Brücken zu bauen, ein Fenster zu anderen Welten offenzuhalten und uns für gegenseitiges Verständnis einzusetzen. Unser kultureller Auftrag lautet: Wissen vernetzen, Menschen zusammenführen und Unterschiede besser verstehen.

Christophe Chaudet
Präsident der Chefredaktoren-Konferenz SRG