Technologie zum Erleben: SRF bringt KI ins Wohnzimmer
Die KI-Highlight-Woche von SRF hat eine eindrückliche Gelegenheit geboten, künstliche Intelligenz (KI) in ihrer Vielfalt zu erleben. Projektleiterin Stephanie Haberkern, die das ehrgeizige Vorhaben leitete, zeigte gemeinsam mit ihrem Team, wie KI die Medienwelt in Zukunft prägen könnte – und welche Herausforderungen es dabei zu meistern gilt.
Video: SRF
Freitagabend, Studio 8, Zürich Leutschenbach: Sandro Brotz begrüsst die Zuschauer:innen der «Arena». Doch etwas stimmt nicht. Sein Lächeln wirkt etwas mechanisch, seine Stimme ein wenig zu glatt. Nur Sekunden später löst Brotz selbst die Verwirrung auf: Nicht er, sondern ein digitaler Klon hat die Begrüssung übernommen.
Die wahre Herausforderung der KI-Highlight-Woche bestand jedoch nicht darin, ein bekanntes Gesicht für eine kurze Moderation zu klonen. Viel anspruchsvoller war es, einen komplett neuen KI-Avatar zu entwickeln, der in verschiedenen Formaten auftauchte und die Woche interaktiv begleitete. Anders als der «Brotz-Bot» hatte dieser Avatar keine menschliche Gestalt, sondern ein neutral gehaltenes Design. «Wir wollten die Technologie in den Fokus rücken, ohne die Marke SRF dauerhaft mit KI zu verknüpfen», erklärt KI-Produktmanager Florian Notter.

Florian Notter
KI-Produktmanager bei SRF
(Bild: SRG/Gian Vaitl)
Die bewusste Trennung von realen Personen und künstlicher Intelligenz spiegelt den Ansatz von SRF wider, KI als Experiment zu nutzen, ohne das Vertrauen des Publikums aufs Spiel zu setzen. Die Umsetzung der Projekte erfolgte dabei stets im Rahmen der SRF-KI-Richtlinien, die ethische Standards und Transparenz sicherstellen. «Unsere Richtlinien bieten den Rahmen, um KI sinnvoll und verantwortungsvoll einzusetzen», erklärt Projektleiterin Stephanie Haberkern.

Stephanie Haberkern
Projektleiterin Highlightmanagement bei SRF
(Bild: zVg)
Ein Avatar, der Grenzen verschiebt
Der KI-Avatar, das Herzstück der KI-Highlight-Woche, stellte das Team sowohl vor technologische als auch vor konzeptionelle Herausforderungen. Das System musste in Echtzeit gesprochene Eingaben in Text umwandeln, diese interpretieren und anschliessend lippensynchrone Antworten ausgeben. «Das erforderte eine enge Zusammenarbeit mit externen Partnern und die Integration von Komponenten, die sich teilweise noch in einem frühen Entwicklungsstadium befanden», berichtet Florian Notter. Eine weitere Herausforderung war es, das System so zu gestalten, dass es sowohl Hochdeutsch als auch Schweizerdeutsch verstehen und darauf reagieren konnte.
In der Quizsendung «1 gegen 100» wurde der Avatar gleich zu mehreren interaktiven und menschlich anmutenden Spielkandidat:innen, und er musste sogar die Spielregeln verstehen und interpretieren. Solche Experimente verdeutlichten das Potenzial und die Grenzen von KI im Programmbereich. «Das Publikum sollte eben nicht nur zuschauen, sondern erleben, wie KI funktioniert», betont Projektleiterin Haberkern. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Einbindung des Avatars als Morgengast bei Radio SRF 3, wo er Publikumsfragen live beantwortete. «Wir wollten die Zuschauer:innen aktiv einbinden und die Technologie für sie greifbar machen», führt Haberkern weiter aus.

Ein Lernprozess für alle Beteiligten
Die Erschaffung des Avatars wurde unter anderem durch den SRG-Innovationsfonds finanziert. «In einer Zeit, in der Effizienz immer wichtiger wird, ist es entscheidend, Raum für Innovationen zu schaffen», erklärt Mariana Wirz, die für den SRG-Innovationsfonds verantwortlich ist. Der Fonds erlaubt es, Prototypen zu entwickeln und in kleinem Rahmen zu testen – unabhängig davon, ob diese direkt in den Regelbetrieb übernommen werden oder nicht. Das Avatar-Projekt erforderte jedoch mehr Ressourcen als üblich. «Die Technologie ist noch neu und teilweise unausgereift, weshalb die Unterstützung mehrerer Stakeholder nötig war», erläutert Wirz.

Mariana Wirz
Fachspezialistin Angebot und Innovation bei der SRG
(Bild: Moritz Schmid)
Letztlich ging es jedoch weniger um perfekte Ergebnisse als um relevante Erkenntnisse im Umgang mit dieser vielversprechenden, aber eben auch herausfordernden Technologie. «Solche Projekte ermöglichen gemeinsames Lernen, selbst wenn nicht alles wie geplant funktioniert», erklärt Wirz.
Diskussion auf ein anderes Level gehoben
Das Experiment mit dem Avatar hat sich für das Projektteam gelohnt. Mit dem Avatar konnte dem Publikum künstliche Intelligenz auf eine spielerische Art und Weise niederschwellig zugänglich gemacht werden. «Der Avatar hat durch die praktische Anwendung der Technologie die Einordnung und die Diskussion auf ein anderes Level gehoben und die KI besser greifbar gemacht», resümiert Projektleiterin Haberkern direkt im Anschluss an die KI-Themenwoche. Ein weiterer Gewinn: Die Lernkurve sei aus technologischer Sicht enorm gewesen und auch im Hinblick auf die Anwendungsgebiete von KI im Programm konnte das Projektteam wertvolle Erkenntnisse sammeln.
Die KI-Highlight-Woche unterstreicht die Bereitschaft von SRF, technologische Innovationen mutig anzugehen. Auch wenn vorerst noch offen ist, ob der Avatar weiterhin zum Einsatz kommen wird, lieferte das Projekt wichtige Impulse für künftige Anwendungen von KI im Programm. «Wir müssen genau wissen, was KI kann und was nicht, um sie auf einem hohen ethischen und journalistischen Niveau einzusetzen», hält KI-Produktmanager Florian Notter fest.