«Es führen nicht alle Wege nach Rom»
Mit ihren Beobachtungen und Feedbacks leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der SRG-Programme: die 80 Publikumsrätinnen und -räte von SRG.D, SSR.SR, SSR.Corsi, SRG.R und SWI swissinfo.ch.
Die Konzession der SRG hält fest, dass alle ihre Regionalgesellschaften einen repräsentativen Publikumsrat einrichten, der eine konsultative Aufgabe hat. Er soll die Interessen und Anliegen des Publikums im Hinblick auf die Qualität und Vielfalt der Programme vertreten und damit sicherstellen, dass die SRG ihren Service-public-Auftrag erfüllt. Weshalb braucht es diese Art der Qualitätsprüfung? Marcel Stutz, Präsident des Publikumsrats von SWI swissinfo.ch, gibt Auskunft.
Marcel Stutz
Präsident Publikumsrat SWI swissinfo.ch
(Bild: Marcel Stutz)
Die SRG überprüft ihre Angebotsqualität regelmässig mit internen und externen Instrumenten. Weshalb braucht es eine zusätzliche Überprüfung durch den Publikumsrat?
Der Publikumsrat ist als unabhängige Institution in der Lage, die Integrität und Qualität der SRG-Programme objektiv zu bewerten. In den Regionalgesellschaften der vier Sprachregionen setzt er sich aus gewählten Vertreterinnen und Vertretern des Publikums zusammen, welche die Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung wahrnehmen und damit eine Art Vermittlerrolle zwischen Empfängerschaft und Produktion innehaben.
Wie sieht diese Vermittlerrolle aus?
Die Mitglieder nehmen die Anliegen aus dem Publikum entgegen und prüfen sie. Auf dieser Basis und aufgrund eigener Beobachtungen kann der Publikumsrat Empfehlungen an die Regionalgesellschaften abgeben. Dieses kreative Spannungsfeld und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gremien fördern die Transparenz und Rechenschaftsleistung der SRG und tragen dazu bei, das Programm laufend zu verbessern.
Der Publikumsrat von SWI swissinfo.ch, dem Sie vorstehen, nimmt aufgrund seines internationalen Fokus eine besondere Rolle in der Qualitätsprüfung ein. Wie sieht diese Rolle aus?
Wir vertreten als ein nicht demokratisch gewähltes, aber selektiv repräsentatives Gremium die Interessen des Publikums von SWI swissinfo.ch sowie der Auslandschweizerinnen und -schweizer. Mit fünf ständigen Mitgliedern sind wir eine kleine Gruppe. Deshalb arbeiten wir weniger in Arbeitsgruppen und mit Berichten als die anderen Publikumsräte. Stattdessen treffen wir uns dreimal im Jahr zu einer offenen Diskussion mit der Direktorin und dem Chefredaktor von SWI swissinfo.ch. Mithilfe eines Fragebogens, den wir für unsere spezifischen Belange erarbeitet haben, vergleichen wir Beiträge aus verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen miteinander. Zentral ist dabei immer, dass wir uns die Brille der Auslandschweizer-Community und der Konsumentinnen und Konsumenten aufsetzen. Wir diskutieren nicht bloss, ob das Geschriebene für unsere Zielgruppe richtig ist, sondern auch, ob es wichtig ist. Unsere Beobachtungen werden protokolliert, und der Chefredaktor gibt uns Feedback, inwieweit das Besprochene in die Arbeit der Redaktion eingeflossen ist.
Als ehemaliger Botschafter vertraten Sie die Schweiz rund um den Globus. Wie können Sie diesen Erfahrungsschatz in Ihrem Amt als Präsident des Publikumsrats von SWI swissinfo.ch nutzen?
Der Werdegang eines Schweizer Botschafters formt einen über Jahrzehnte. Es geht nicht ohne Respekt und Kritikfähigkeit sowohl anderen als auch sich selbst gegenüber. Jahrelange Aufenthalte in anderen Kulturkreisen lernen uns, dass es viele verschiedene Wahrheiten und Wahrnehmungen gibt, die sich nicht notwendigerweise ausschliessen, aber auch nicht bedingen. Dabei hilft ein offener Geist gepaart mit einer starken eigenen Meinung. Es führen nicht alle Wege nach Rom, aber es gibt immer mehrere Ansätze, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.