2019 – zwischen No Billag und Coronavirus
Während wir diese Zeilen schreiben, im Frühling 2020, erlebt die Schweiz eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Die SRG begegnet dieser Krise, indem sie der Bevölkerung ihren besten Service public bietet – und das selbstredend unter schwierigen Bedingungen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht einfach, auf das Geschäftsjahr 2019 zurückzublicken. Dennoch: 2019 war für die SRG ein wichtiges Jahr. Ein Jahr, in dem der Service public und die Schweizer Medienlandschaft tiefgreifende Veränderungen erfahren haben.
Die SRG hatte am 4. März 2018 auf die neuen finanziellen Gegebenheiten reagiert und einen Reform- und Reinvestitionsplan von 100 Millionen Franken angekündigt. Diesen Plan haben wir das ganze Jahr 2019 weiterverfolgt. Wir haben komplexe und wichtige Projekte lanciert und vorangetrieben, namentlich die Tochtergesellschaft TPC in SRF reintegriert und ein nationales Kompetenzzentrum für IT in Biel geschaffen. Wir haben unsere administrativen Kosten im ganzen Unternehmen auf unter acht Prozent gesenkt und die Ausgaben auch bei der Distribution reduziert, dies aufgrund der Abschaltung der digitalen terrestrischen Verbreitung (DVB-T). Gleichzeitig haben wir uns in Absprache mit der Radiobranche darauf vorbereitet, UKW schrittweise auf DAB+ umzustellen. Und dank verschiedener Immobilienprojekte, darunter der 2019 gefällte Entscheid, die Campus-Pläne in der Westschweiz und im Tessin umzusetzen, werden wir unsere Betriebskosten im Immobilienbereich bis in zehn Jahren um fast 30 Prozent senken können.
Auf Angebotsseite konnten wir unsere Newsplattformen besser positionieren, nicht zuletzt dank der Aufwertung unserer Video- und Audioinhalte. Erwähnenswert ist auch die intensive Vorbereitung unserer neuen nationalen Streamingplattform, bei der die Inhalte nicht nach Sprachen, sondern nach Themen aufbereitet werden – und das mit Untertiteln in den Landessprachen. 2019 haben wir zudem vielversprechende neue TV-Serien produziert und im Rahmen des «Pacte de l'audiovisuel» die Zusammenarbeit mit der Filmbranche erneuert. Ebenso kamen 2019 neue Kooperationen mit Schweizer Privatmedien zustande.
Ausserdem hat die SRG 2019 eine grossangelegte Public-Value-Studie lanciert, mit dem Ziel, ihren Beitrag für die Schweizer Gesellschaft zu messen. Des Weiteren setzte sich die SRG intensiv mit Fragen zur Diversität und Gleichstellung auseinander und rief ein unternehmensweites Diversity-Board ins Leben. Nebst all dieser Projekte hat die SRG die Qualität ihres Grundangebots sichergestellt. So war das Jahr geprägt von grossartigen Ereignissen, darunter die eidgenössischen Wahlen, das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Zug oder die Fête des Vignerons in Vevey – ein unvergessliches Fest für die ganze Schweiz.
«Im Frühling 2020 erlebt die Schweiz eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Die SRG begegnet dieser Krise, indem sie der Bevölkerung ihren besten Service public bietet – und das selbstredend unter schwierigen Bedingungen.»
2019 wird aber auch in die Geschichte der SRG eingehen als ein Jahr, in dem die Werbeeinnahmen massiv eingebrochen sind. Die grossen internationalen Onlineplattformen haben es nicht nur auf die Printwerbung abgesehen, sondern nehmen auch das Fernsehen ins Visier. Der gesamte Fernsehmarkt ist betroffen – der private wie der öffentliche. Die TV-Werbeeinnahmen der SRG sanken um rund 25 Millionen Franken. Die SRG schliesst ihr Geschäftsjahr 2019 mit einem antizipierten und realisierten Verlust von 22,2 Millionen Franken ab, der auch Rückstellungen für Restrukturierungsmassnahmen berücksichtigt. Die Restrukturierungsmassnahmen werden ab 2020 umgesetzt.
In Anbetracht der aktuellen Krise hält die SRG mehr denn je an ihrer Strategie und an ihrer «Raison d’être» fest: Sie bietet Qualitätsjournalismus in allen vier Landessprachen. Sie investiert in das kulturelle Schaffen. Sie vereint das Publikum mit Unterhaltungs- und Begegnungsformaten, die in Einklang mit dem Service-public-Auftrag stehen. Sie bindet die junge Generation ein und tauscht sich mit ihr aus. Und sie nimmt weiterhin eine Schlüsselrolle im Schweizer Mediensystem ein. All dies ist möglich mit einer stabilen Radio- und Fernsehabgabe, die in Zeiten wie diesen, in denen die Medienlandschaft im totalen Umbruch steht, weiterhin die Grundlage für einen soliden Service public bilden sollte. Diesen Weg zu gehen ist eine Gratwanderung. Aber wir müssen ihn gehen, wenn wir diese schwierige Zeit überwinden wollen. Das wird uns in diesem Frühling nur allzu deutlich bewusst.
Wir danken unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Verein SRG für ihr eindrückliches Engagement in dieser ausserordentlichen Zeit. Und wir danken unserem Publikum für das grosse Vertrauen in unsere Angebote.
Gilles Marchand
Generaldirektor SRG
Jean-Michel Cina
Verwaltungsratspräsident SRG