Spielfilme, Serien, Animationsfilme: Die SRG bietet ihrem Publikum eine reiche Auswahl an internationalen und schweizerischen Produktionen. Ausserdem fördert sie Eigen- und Koproduktionen in allen Sprachregionen. 2019 beteiligte sich die SRG an 181 Koproduktionen – beispielsweise am Film «Platzspitzbaby» oder an der Spionageserie «Helvetica».
Dokufiktion «Dynastie Knie – 100 Jahre Nationalcircus»
Zur 100-jährigen Geschichte des Nationalcircus Knie realisierten RSI, RTR, RTS und SRF ein nationales Fernsehprojekt: eine zweiteilige Familiensaga, bestehend aus fiktionalen und dokumentarischen Teilen sowie Archivaufnahmen. Als roter Faden diente die Entstehung des aktuellen Jubiläumsprogramms, an dem die Familie Knie während ihrer Tournee 2018 gearbeitet hatte. RSI, RTR, RTS und SRF begleiteten die Vorbereitungen und warfen dabei auch einen Blick hinter die Kulissen des Zirkusalltags. Im fiktionalen Teil stand die Figur von Margrit Knie-Lippuner im Mittelpunkt. Sie war die Grossmutter der Cousins Fredy Knie junior, Rolf Knie, Franco Knie senior und Louis Knie. In Margrit Knie-Lippuners Lebensgeschichte widerspiegeln sich die Herausforderungen, die sich auch in späteren Generationen der Knies bis in die heutige Zeit wiederholen. In der Dokufiktion spielt sie deshalb eine tragende Rolle. Der Zweiteiler wurde im November 2019 auf SRF 1, RTS Un und RSI LA 1 ausgestrahlt. Die Produktion war eine Zusammenarbeit der SRG mit der Tellfilm GmbH und der B&B Endemol Shine AG. «Die Koordination war sicher eine Herausforderung für die Macher», so SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. «Eine gemeinsame Produktion über alle Sprachregionen hinweg lag jedoch auf der Hand, ist der Circus Knie doch mehrsprachig wie die SRG selbst.» In der Deutschschweiz erreichte der Zweiteiler einen durchschnittlichen Marktanteil von rund 34 Prozent. In der Westschweiz erzielte die Produktion einen Marktanteil von rund 23 Prozent und in der italienischen Schweiz einen Marktanteil von rund 32 Prozent. Insgesamt schauten rund 890 000 Personen in der Schweiz eine der drei Sprachversionen der Dokufiktion.
«Es gibt Projekte, die muss man einfach machen!»
Dokufiktion über die Familie Knie: Margrit Knie-Lippuner schaut sich die Vorschläge für das künftige Knie- Plakat an.
«Tabu»: mit Humor den Horizont erweitern
Comedy über Menschen am Rand der Gesellschaft – da bedarf es viel Fingerspitzengefühl. Renato Kaiser wagte es mit dem neuen Format «Tabu». Für die fünfteilige Doku-Comedy-Reihe, die am 18. August 2019 auf SRF 1 startete, verbrachte der Comedian jeweils vier Tage mit Menschen, die eine körperliche Behinderung haben, die mit einer unheilbaren Krankheit oder Adipositas leben, von Armut betroffen sind oder der LGBTQ-Community angehören. Wie ergeht es Menschen, die am Existenzminimum leben, die wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden oder aufgrund eines Gendefekts immer wieder gegen Krebs ankämpfen müssen? Antworten auf diese Fragen verarbeitete Renato Kaiser zu einem Stand-up-Bühnenprogramm, bei dem Personen aus genau jenen Gruppen im Publikum sassen, die er thematisierte. «Tabu» rückte sie mit Humor ins Zentrum und liess daraus eine Kombination aus empathischer Gesellschaftsreportage und tabuloser Comedy entstehen. Er habe selbst auch viel aus dem Projekt gelernt: «Menschen kennenzulernen, die trotz ihrer Schwierigkeiten und Beschwerlichkeiten mutig und energiegeladen durchs Leben gehen, das hat mich enorm beeindruckt.»
«Helvetica»: eine Spionageserie im Machtzentrum der Schweiz
Bundespräsidentin Kathy Kunz (Ursina Lardi) befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Sie ist bereit, illegale Bomben gegen im Jemen festgehaltene Geiseln auszutauschen. Die Situation droht zu eskalieren. Tina (Flonja Kodheli), die als Reinigungskraft im Bundeshaus die Büros der Mächtigen auf Hochglanz bringt, entschliesst sich dazu, sich in das helvetische Machtzentrum einzuschleusen – um ihre Familie zu retten. Waffenhandel, Terror, Erpressung: Die neue Serie «Helvetica» von Romain Graf ist zweifellos ein Spionagethriller. Die sechsteilige Serie von RTS und Rita Productions, die im November 2019 auf RTS Un zu sehen war, wurde auf Französisch, Schweizerdeutsch, Albanisch und Arabisch gedreht. «Helvetica» wurde am «Festival de la Fiction» in La Rochelle mit dem Preis für die beste ausländische Serie ausgezeichnet.
«FuoriClasse»: Wenn Kinder den Erwachsenen auf den Zahn fühlen
«FuoriClasse», so heisst das neue Fernsehformat, das im September 2019 auf RSI LA 1 lief. In «FuoriClasse» fühlte eine Gruppe von Kindern zwischen sechs und zehn Jahren den Erwachsenen auf den Zahn: Sie machten Ausflüge zur Feuerwehr, zu einem Friseursalon oder einem Bauernhof und lernten so den Berufsalltag dieser Leute kennen. Umgekehrt kamen Erwachsene zu Besuch. Meist handelte es sich um bekannte Persönlichkeiten. Daneben traten auch Personen auf, die zwar nicht berühmt, in den Augen der Kinder aber aussergewöhnlich waren – zum Beispiel eine Polizistin oder ein Bauarbeiter. Das Format von RSI-Moderator Nicolò Casolini fand im Web und auf den sozialen Netzwerken grosse Beachtung. Ein Facebookpost zum Thema «Wie werden Kinder geboren?» erzielte über eine halbe Million Visits und 25 000 Interaktionen. Damit belegte er Platz zwei der Rangliste der erfolgreichsten RSI-Posts.
«Fenga»: an einem Tag über den Fimberpass mit Vieh und Kamera
Jedes Jahr treiben sieben österreichische Hirten 250 Kühe vom Unterengadin über die Landesgrenze in das österreichische Fimbatal. Der zehnstündige Marsch führt über den 2610 Meter hohen Fimberpass. Für Mensch und Vieh bringt diese Reise grosse Anstrengung und viele Gefahren mit sich. Der Weg führt durch Wälder, über Wiesen, Flüsse und Schneefelder und vorbei an steilen Hängen. Die 45-minütige RTR-Dokumentation wurde komplett an einem Tag gefilmt. Dieses Vorgehen erforderte eine akribische Vorbereitung: Jedes Mitglied des Filmteams wusste zu jedem Zeitpunkt, was zu tun war. Nur so konnten die Videoeditoren in Chur aus allen gleichzeitig laufenden Kamerabildern die schönsten Momente auswählen und zusammenschneiden. Die Filmmusik wurde passend zu den Szenen komponiert. Sie übernahm an vielen Stellen die Funktion des Kommentars, was zur Folge hatte, dass die 45-minütige Dokumentation von «Cuntrasts» mit weniger als 190 Wörtern auskam.
Mehr Serien aus der Schweiz für die Schweiz
Sven Wälti
Leiter Film SRG
Sven Wälti, die SRG will mehr Schweizer Serien produzieren und investiert deshalb neu zusätzlich rund 15 Millionen Franken pro Jahr. Weshalb?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Erzählform einer Serie ist anders als bei einem 90-minütigen Film. Es bleibt mehr Zeit, die Geschichte und ihre Figuren zu entwickeln und einen Spannungsbogen über mehrere Folgen zu ziehen. Bislang konnten wir nur drei bis vier Serien pro Jahr produzieren. Ziel ist es, die Anzahl Serien längerfristig zu verdoppeln. So können wir das Publikum mit Geschichten aus unserem Land noch häufiger erreichen. Das macht sonst niemand in der Schweiz. Gleichzeitig stärken wir die Schweizer Filmbranche. Alle profitieren davon: Schauspielerinnen, Filmtechniker und die filmtechnischen Labors. Auch die Drehbücher werden besser, wenn mehr geschrieben wird.
Produzieren SRF und RTS Serien wie «Wilder» oder «Helvetica» alleine?
Alle unsere Serien werden von unabhängigen Produzenten gemacht. Auch schreiben externe Autorinnen und Autoren die Drehbücher. Wir sind sogenannte Koproduzenten, das heisst, wir finanzieren die Serien zu einem grossen Teil und begleiten die Projekte redaktionell während der gesamten Entwicklungsphase.
Netflix allein hat 2019 rund 30 eigenproduzierte Serien lanciert. Ist der Schweizer Markt nicht bereits übersättigt mit Serien?
Wenn man den internationalen Markt anschaut – es gibt ja nicht nur Netflix –, mag das zutreffen. Man findet aber auf keiner dieser Plattformen Schweizer Serien. Wir haben den Zenit noch lange nicht erreicht. Mit unseren Serien können wir uns von den internationalen Streaming-Plattformen abgrenzen und unserem Publikum einen Mehrwert bieten.
Welches Zielpublikum will die SRG mit ihren Serien ansprechen?
Möglichst alle, von Jung bis Alt! Serien kosten viel, deshalb liegt der Fokus auf der Primetime. Damit wollen wir ein breites Publikum erreichen. Es soll aber auch Serien geben für ein jüngeres Publikum, wie «Seitentriebe» von SRF oder die geplante Webserie «Metta da fein» von RTR, die im Herbst 2020 auf der neuen SRG-Plattform lanciert wird. Indem wir die Anzahl Serien erhöhen, werden wir auch die Möglichkeit haben, gewagtere Serien als bisher zu produzieren.
Nationale Filmförderung
Die SRG fördert den Schweizer Film. 1996 schuf sie zusammen mit Partnern der Filmbranche den «Pacte de l’audiovisuel». Dank des Pacte entstanden seit 1996 über 2800 Filme und Serien. Der Pacte 2016–2019 war mit einem jährlichen Budget von 27,5 Millionen Franken dotiert. 2019 beteiligte sich die SRG an 181 Koproduktionen (siehe Tabelle).
Programm | 2019 | 2018 | 2017 |
---|---|---|---|
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) | 77 | 61 | 70 |
Radio Télévision Suisse (RTS) | 71 | 61 | 63 |
Radiotelevisione svizzera (RSI) | 26 | 21 | 20 |
Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) | 7 | 5 | 2 |
Total | 181 | 148 | 155 |