Service public – unser Engagement
Bleibende Werte – neue Bedürfnisse: Der Service public entwickelte sich stets im Wechselspiel mit der Gesellschaft, ihren Anliegen und ihren Bedürfnissen. Was bietet Service public im digitalen und audiovisuellen Zeitalter? Welchen Mehrwert schafft er? Die Zahl der Informationskanäle hat sich explosionsartig vervielfacht. Das hat zur Folge, dass Information zum inflationären Allerweltsprodukt geworden ist.
Flut an Informationen
In der Verwertungskette des «Rohstoffs» Information ist ein Paradigmenwechsel erfolgt. Professionell arbeitende Medien – Zeitungen, Radio, TV, journalistische Websites – sind nicht mehr die alleinigen Vermittler von Informationen. Digitalisierung heisst Demokratisierung: Jeder Mediennutzer kann Inhalte im Netz verbreiten. Interaktion ist der Treiber dieser Entwicklung. Über die Nutzerinnen und Nutzer bricht eine Flut von Inhalten herein, die oft weder geprüft und eingeordnet noch vertieft und gewichtet werden.
Recherche und Einordnung
Hier spielt der audiovisuelle Service public eine zentrale Rolle: Unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Einzelinteressen setzt die SRG auf Qualitätsjournalismus. Für ihren Journalismus gelten auch im digitalen Zeitalter elementare, bewährte Grundsätze: Information soll gründlich recherchiert, geprüft, erklärt und eingeordnet werden. Und wo Fehler geschehen, sind sie zu korrigieren. Eine fundierte Auswahl der Informationen treffen, den grösseren Zusammenhang vermitteln, dem breiten Publikum Orientierung geben: Diese Prinzipien bleiben für einen modernen Service public im digitalen Zeitalter Pflicht wie Privileg.
Für eine demokratische Debatte
Die Quote steht nicht an erster Stelle: Es ist das journalistische Selbstverständnis und die gesetzliche Pflicht der SRG, sachgerecht zu informieren. Im digitalen Zeitalter trägt ihr audiovisuelles Angebot dazu bei, dass sich quer durch die vier Landesteile Bürgerinnen und Bürger – gerade auch die jüngeren – umfassend informieren und eine Meinung bilden können.
Die SRG-Redaktionen greifen nicht bloss Themen auf, die beim Publikum gut ankommen. Sie widmen sich auch komplexen Fragen, die es zu vertiefen und in den Zusammenhang zu stellen gilt. Damit leistet die SRG einen wirksamen Beitrag zur Qualität der demokratischen Debatte und zur Wissensgesellschaft.
Ein Land – viele Kulturen
Der Service public verfolgt zudem den staatspolitischen Zweck, den Zusammenhalt der vier Sprachregionen zu festigen. Ob in der deutschen, französischen oder italienischen Schweiz: Von Gesetzes wegen hat jede Bürgerin und jeder Bürger Anspruch auf ein vergleichbares audiovisuelles Angebot. Die rätoromanische Schweiz hat ihrerseits Anspruch auf ein kleineres, angemessenes Angebot. Keine Sprachregion wird benachteiligt, keine privilegiert – seit je das Rezept für die Stabilität im Land und damit Fundament des wirtschaftlichen Erfolgs. Diese Klammerfunktion ist ebenso Ausdruck wie Antrieb der Willensnation.
Die Erfüllung des Service-public-Auftrags wird von verschiedenen Marktteilnehmern geleistet: Nebst der SRG tragen auch private Medien (Radio, Fernsehen, Zeitungen, Online-Portale) dazu bei, den Service public in der Gesellschaft möglichst breit abzustützen.
Nationale Klammerfunktion
Zum Auftrag des Service public der SRG gehört es, gemeinsame Erlebnisse zu schaffen. In der mehrsprachigen Schweiz mit ihren unterschiedlichen Kulturen ist dies ein verbindendes Element. Deshalb produziert die SRG Sendungen, in denen sich Jung und Alt treffen, sich Menschen mit unterschiedlichen Berufen und Kulturen begegnen. So entstehen geteilte Erlebnisse, die in einer zusehends fragmentierten Gesellschaft seltener und deshalb zunehmend wichtiger werden.
Etliche Sendungen oder Projekte, welche die SRG sprachübergreifend organisiert, leisten einen Beitrag zur Verständigung zwischen Sprachgruppen und somit zum Zusammenhalt in der Schweiz. Zum Beispiel: der Moderationstausch der «Tagesschau» und des «Le 19h30» von SRF und RTS im März 2013, die Radiowoche «Allegra Rumantschs» von SRF im Juni 2013, der SRG-Themenmonat «Die Schweizer – Les Suisses – Gli Svizzeri – Ils Svizzers» im November 2013, der Moderationstausch der «Tagesschau» und des «Telegiornale» von SRF und RSI im März 2014 oder die SRG-Dokumentarfilmserie «Zwischen den Fronten – IKRK-Delegierte im Einsatz» im April 2014.
All dies wird umso wichtiger, als mehr und mehr Bereiche privatisiert werden, die seit je öffentlich waren und zum Wir-Gefühl beitrugen. In mehreren europäischen Ländern sind gerade die beliebtesten Sportarten weitgehend privatisiert worden und nur auf TV-Bezahlsendern zu sehen, beispielsweise in Frankreich oder Italien: Will ein Italiener seine Fussballmeisterschaft verfolgen, muss er dafür dem Bezahlsender Sky des US-Medientycoons Rupert Murdoch umgerechnet 500 Franken pro Jahr zahlen, nur für Fussball.
Schweizer Leuchtturm
Der gemeinsame gesellschaftliche Nenner und der «nationale Kitt» der Willensnation Schweiz schwinden. Die politische, gesellschaftliche und kulturelle Orientierungsfunktion der SRG ist deshalb zunehmend von Bedeutung – dies umso mehr in einer Mitteilungsumwelt, in der Inhalte oft nur noch technisch und konturlos vermittelt werden und wo das öffentlich und allgemein Relevante nur noch bedingt als Massstab dient.
Die SRG stellt sich gegen diese für das Gemeinwesen problematische Entwicklung. Mit ihrem audiovisuellen Service public definiert, verteidigt und stärkt sie die Grenzen des Öffentlichen und Allgemeinen. Sie verhandelt und erbringt Mussthemen und Mussprogramme unabhängig von jeder Quote. Deshalb ist die SRG in den vier publizistischen Landschaften der Schweiz nach wie vor ein Leuchtturm, an dem sich die Menschen bevorzugt orientieren.