Service public – unser Beitrag
Im Wechselspiel mit der Gesellschaft, ihren Bedürfnissen und Anliegen stellt der audiovisuelle Service public einen Grundpfeiler unserer Demokratie dar. Im Zeitalter des digitalen Umbruchs gilt dies in besonderem Mass: Klassische Medienanbieter sind nicht mehr die alleinigen Vermittler von Informationen. Jeder Mediennutzer kann Inhalte im Netz verbreiten. Über die Nutzerinnen und Nutzer bricht eine Flut von Inhalten herein, die oft weder geprüft und eingeordnet noch vertieft und gewichtet wurden.
Mehrwert dank Qualitätsjournalismus
Hier schafft der audiovisuelle Service public einen qualitativen Mehrwert für die Gesellschaft. Unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Partikularinteressen setzt die SRG auf Qualitätsjournalismus. Es gelten elementare, bewährte Grundsätze: Information wird gründlich recherchiert, geprüft, erklärt und eingeordnet. Wo Fehler passiert sind, werden sie korrigiert. Eine fundierte Auswahl der Informationen treffen, den grösseren Zusammenhang vermitteln, dem breiten Publikum Orientierung geben – und zwar in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen, von der Politik, Kultur und Wirtschaft, über den Sport bis hin zur Unterhaltung. Diese Prinzipien sind vektorunabhängig und gelten in den Kanälen wie im Internet.
Zusammenhalt des Landes
Der audiovisuelle Service public verfolgt zudem den staatspolitischen Zweck, den Zusammenhalt der vier Sprachregionen zu festigen und die verschiedenen Realitäten in unserem Land abzubilden. Ob in der deutschen, französischen oder italienischen Schweiz: Von Gesetzes wegen hat jede Bürgerin und jeder Bürger Anspruch auf ein vergleichbares audiovisuelles Angebot. Die rätoromanische Schweiz hat ihrerseits Anspruch auf ein kleineres, angemessenes Angebot. Keine Sprachregion wird benachteiligt, keine privilegiert – seit je das Rezept für Stabilität im Land und damit Fundament des wirtschaftlichen Erfolgs. Diese Klammerfunktion ist ebenso Ausdruck wie Antrieb der Willensnation Schweiz. Die Erfüllung des Service-public-Auftrags wird von verschiedenen Marktteilnehmern geleistet: Nebst der SRG tragen auch private Medien (Radio, Fernsehen, Zeitungen, Online-Portale) dazu bei, den Service public in der Gesellschaft möglichst breit abzustützen.
Für eine demokratische Debatte
Die Quote steht nicht an erster Stelle: Es ist das journalistische Selbstverständnis und die gesetzliche Pflicht der SRG, sachgerecht zu informieren. Mit ihrem audiovisuellen Angebot trägt sie dazu bei, dass sich quer durch die vier Landesteile die Bürgerinnen und Bürger umfassend informieren und sich eine eigene Meinung bilden können. Die SRG-Redaktionen widmen sich auch komplexen Fragen, die es zu vertiefen und in den richtigen Zusammenhang zu stellen gilt. Damit leistet die SRG einen wirksamen Beitrag zur Qualität der demokratischen Debatte.
Entscheidung 2015
Auf den folgenden Seiten erläutern die SRG-Unternehmenseinheiten anhand von Programmbeispielen, wie sie zur Meinungsbildung des Publikums im Berichtsjahr beigetragen haben – das vor allem durch die eidgenössischen Wahlen geprägt war. So hat RTS mit der Fernsehsendung «Face aux partis» den Fokus auf die Prioritäten und Programme der Parteien gesetzt, während RSI in der italienischen Schweiz sämtliche Kandidierenden für den Staatsrat im Rahmen der Radiosendung «Albachiara» interviewte. SRF hat am Wahltag in Radio, Fernsehen und online während 14 Stunden einen umfassenden Service mit Resultaten, Analysen und Reaktionen geliefert, und RTR hat in allen drei Medien einen sechswöchigen Schwerpunkt zu den Wahlen 2015 gesetzt. Zudem schaltete SWI swissinfo.ch im Rahmen der Parlamentswahlen ein Sonderdossier in zehn Sprachen auf, das Interviews mit den Parteipräsidentinnen und -präsidenten, Hintergrundberichte sowie zahlreiche Tabellen und Grafiken beinhaltete.
Wissensvermittlung in aller Breite
Gemäss Artikel 93 der Bundesverfassung beinhaltet der SRG-Programmauftrag auch einen Bildungsauftrag. Um nur einige Beispiele zu nennen: RSI hat mit der täglichen Radiosendung «La consulenza» diverse Alltagsfragen thematisiert und RTS hat in der Fernseh-Talkshow «La Grande Lessive» Persönlichkeiten der Suisse romande eingeladen, praktische Informationen und Tipps aus ihrem Leben zu teilen. In den rund 200 TV-Stunden des Bildungsangebots «SRF mySchool» ging es 2015 um Inhalte wie «Abstimmen und mitbestimmen» oder «Technikwelten». Zudem strahlte RTR rund 45 Ausgaben der Bildungssendung «Minisguard» aus, dem einzigen TV-Informationsmagazin der Schweiz für Sechs- bis Zwölfjährige. Schliesslich widmete SWI swissinfo.ch zahlreiche Wissensdossiers dem Schweizer Vorzeigeprojekt «Solar Impulse» und beantwortete Fragen zu den Millenniumszielen oder dem Klimawandel.
Die Gesellschaft abbilden – Menschen integrieren
Zum Auftrag des Service public der SRG gehört es auch, die mehrsprachige Schweiz mit ihren unterschiedlichen Kulturen abzubilden und Verbindung zu schaffen. Deshalb produziert die SRG Sendungen, in denen sich Jung und Alt treffen und sich Menschen mit unterschiedlichen Berufen, Lebensstilen und kulturellen Hintergründen begegnen. So entstehen geteilte Erlebnisse, die in einer zusehends fragmentierten Gesellschaft seltener und deshalb zunehmend wichtiger werden. Schliesslich will die SRG als wichtige Akteurin im Integrationsprozess von Migrantinnen und Migranten auch die Vorteile der kulturellen Diversität aufzeigen, ohne die Augen vor den Problemen der Migration und des Zusammenlebens zu verschliessen. Zum Thema «Integration» organisierte die SRG im Berichtsjahr das sprachübergreifende Projekt «Grüezi Schweiz – Bonjour la Suisse – Destinazione Svizzera». Dabei wurden im Rahmen einer fünfteiligen TV-Serie vier Einwandererfamilien auf ihrem Weg in die Schweiz begleitet. Welches Bild von der Schweiz malten sie sich aus? Welche Hoffnungen und Erwartungen teilen sie mit den rund 150 000 Ausländerinnen und Ausländern, die allein 2014 in der Schweiz ein neues Leben begonnen hatten? Weitere Programmbeispiele zum Auftrag «Integration» sind auf den folgenden Seiten zu finden.
Service public – ein zeitloses Modell
Im Berichtsjahr wurde überraus heftig über den audiovisuellen Service public debattiert: Er bleibt ein ausserordentlich zeitloses Modell – gerade für ein vielschichtiges und mehrsprachiges Land wie die Schweiz. Der gemeinsame gesellschaftliche Nenner und der «nationale Kitt» der «Willensnation» schwinden. Die politische, gesellschaftliche und kulturelle Orientierungsfunktion der SRG ist deshalb zunehmend von Bedeutung, gerade in einem Umfeld, in dem Inhalte oft nur noch konturlos vermittelt werden und das öffentlich und allgemein Relevante nur noch bedingt als Massstab dient. Die SRG stellt sich gegen diese für die Demokratie problematische Entwicklung. Zudem stärkt die SRG die kulturelle Identität aller Bürgerinnen und Bürger, weil sie in ihren Programmen die Schweiz in ihrer ganzen Vielfalt abbildet. Während die Globalisierung auch in den Medien zu immer mehr Vereinheitlichung und Verwechselbarkeit der Angebote führt, geht die SRG den entgegengesetzten Weg. Mit ihrem audiovisuellen Service public definiert, verteidigt und stärkt sie den Dienst an der Allgemeinheit. Sie verhandelt und erbringt Mussthemen und Mussprogramme unabhängig von Quote oder politischer Einflussnahme. Deshalb ist die SRG in allen vier publizistischen Landschaften der Schweiz nach wie vor eine Institution, an der sich die Menschen bevorzugt orientieren.