Nachhaltigkeit

Im Februar 2022 hat die Geschäftsleitung SRG die Erarbeitung eines unternehmensweiten Nachhaltigkeitskonzepts beschlossen. Bereits heute gibt es im Unternehmen etliche Bestrebungen und Massnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit. So ist die SRG seit 2021 Teil der Initiative «Vorbild Energie und Klima» des Bundes. Auch setzen die Unternehmens­einheiten vermehrt auf nachhaltige Produktionen.

«Auf eine nachhaltige Produktion umzustellen, ist eine echte Herausforderung»

Izabela Rieben
Koproduzentin von «Délits mineurs» (Bild: Festival Série Series/Léa Rener)

«Délits Mineurs» ist die erste RTS-Koproduktion, bei deren Dreharbeiten konsequent auf einen ökologisch nachhaltigen Ansatz geachtet wurde. Schauplatz des Kriminaldramas ist das Jugendgericht des Kantons Genf. Die sechsteilige Serie wurde im Sommer 2022 gedreht und wird im Herbst 2023 auf RTS, RSI, SRF und Play Suisse zu sehen sein.

Izabela, die RTS-Koproduktion «Délits mineurs» wurde so nachhaltig wie möglich gedreht. Wo habt ihr den Hebel angesetzt?

Es war in erster Linie ein freiwilliges Engagement der Produktionsfirma Alva Films. Bei der Produktion haben wir den Hebel überall angesetzt, wo wir konnten! Am Set haben wir so viele LED-Leuchtmittel wie möglich verwendet. Beim Szenenbau und bei den Kostümen haben wir wo möglich auf Secondhand-Artikel, Ökolabels, ökologische Farben sowie FSC-zertifiziertes Holz gesetzt. Das Drehbuch gab es nur digital und nicht in gedruckter Form, ausser auf Wunsch in Ausnahmefällen. Zudem haben wir die Kulissen während der Dreharbeiten recycelt und konnten sie so mehrmals benutzen.

Wie hat die Crew zur Reduktion der Emissionen beigetragen?

Für den Transport nutzten wir wenn immer möglich den Zug anstelle des Flugzeugs. Wir fuhren Velo statt Auto und bildeten Fahrgemeinschaften, um die Schauspieler:innen an den Drehort zu bringen. Auch beim Essen mussten wir umstellen: Wir verwendeten nachhaltiges Geschirr statt Einwegbesteck, assen zwei- bis dreimal pro Woche vegetarisch und hatten eine persönliche Trinkflasche zum Nachfüllen. Zudem wurden die Essensresten wiederverwertet.

Wie schwierig war die Umstellung auf eine nachhaltige Produktion?

Auf eine nachhaltige Produktion umzustellen, ist eine echte Herausforderung! An allen Ecken und Enden traten Schwierigkeiten auf. Es braucht personelle und finanzielle Ressourcen, die derzeit noch nicht zur Verfügung stehen. Und: Die beteiligten Personen müssen entsprechend ausgebildet werden. Eine Kostümbildnerin muss beispielsweise künftig in der Lage sein, den CO2-Ausstoss zu berechnen, der für die Herstellung eines T-Shirts in Bangladesch und bei dessen Transport zum Drehort anfällt. Eine weitere Herausforderung war die LED-Beleuchtung. Da es in der Schweiz kein genügend grosses Angebot hatte, mussten einige LED-Leuchtmittel mit dem Lastwagen im Ausland geholt werden, was unsere Bemühungen beinahe zunichtemachte.

Wie habt ihr eure CO2-Emissionen beziehungsweise euren Erfolg gemessen?

Das Messen der CO2-Emissionen war schwierig, da eine zuverlässige Datenerhebung anspruchsvoll und zeitintensiv ist. Es bräuchte aus meiner Sicht eine auf Nachhaltigkeit spezialisierte Person am Set, die jeden Tag die Daten berechnet, darüber berichtet und die Teamleiter:innen vor den Dreharbeiten schult. Da wir keine solche Person hatten, konnten wir trotz des Engagements von Aicha Belkhodja von Alva Films den CO2-Rechner der SRG [siehe Infobox unten, Anm. d. Red.] nur teilweise implementieren. Wir haben stattdessen eine Nutzenbilanz gezogen und die einzelnen Massnahmen einander gegenübergestellt: jene, die wenig verändern, aber einfach umzusetzen sind wie vegetarisch essen, versus jene, die effektiv sind, aber viel Geld und guten Willen kosten wie beispielsweise die Reise mit dem Zug statt mit dem Flugzeug.

Wie hat die Crew auf die veränderten Bedingungen am Set reagiert?

Die Crew hat grundsätzlich gut reagiert, was die Umsetzung anbelangt, und sogar sehr gut in Bezug auf die Philosophie, die dahintersteckt. Es gab jedoch ein paar Punkte, über die sich einige Crewmitglieder ärgerten. Beispielsweise, dass sie dreimal die Woche vegetarisch essen mussten oder dass nicht genügend Gratisvelos zur Verfügung gestellt wurden.

War «Délits mineurs» ein einmaliger Pilot oder werden weitere solche Projekte bei RTS folgen?

Die Initiative für nachhaltige Dreharbeiten geht von den jeweiligen Produktionsfirmen aus. Bei RTS haben wir aktuell kein Budget dafür. Dennoch würden wir diesen Ansatz gerne unterstützen. Ich bin zudem gespannt, welche Wirkung der Einsatz des CO2-Calculators unternehmensweit entfalten wird.

CO2-Calculator: Neues Instrument für die Medien- und Filmbranche

Wie viel CO2 erzeugt eine Nachrichtensendung? Wie viel Energie lässt sich mit LED-Studiolicht sparen? Diese Fragen lassen sich mithilfe des neuen Swiss CO2-Calculator beantworten. Mit dem webbasierten Tool können die Emissionen von Film-, Online- und TV-Produktionen berechnet werden – anhand von Produktionsdaten zu Stromverbrauch, Transport, und Materialeinsatz. Der Rechner ermöglicht den Produktionsteams, die klimarelevanten Aktivitäten pro Produktionsphase zu eruieren und schliesslich die Emissionen zu reduzieren. Das Pilotprojekt mit ausgewählten Sendungen bei RSI, RTS und SRF lief von Oktober 2022 bis März 2023, mittlerweile kann der CO2-Rechner in der ganzen SRG eingesetzt werden. Der CO2-Calculator ist in einer Kooperation zwischen der SRG und der Zürcher Filmstiftung entstanden.

Initiative Vorbild Energie und Klima: «Es sind sicher ambitionierte, aber erreichbare Ziele»

Yves Neuhaus
Leiter Portfoliomanagement & Entwicklung SRG (Bild: SRG)

2021 ist die SRG der Initiative «Vorbild Energie und Klima» des Bundes beigetreten und hat sich damit verpflichtet, ihren Teil zur Eindämmung der Klimaerwärmung zu leisten. Die Initiative wurde 2013 von zehn wichtigen Schweizer Anbietern von öffentlich relevanten Dienstleistungen ins Leben gerufen. Mittlerweile beteiligen sich 18 Akteure daran.

Die Initiative ist eine Massnahme der Energiestrategie 2050 und fokussiert auf die Themen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, ökologische Stromproduktion sowie neu auch auf klimaverträgliche Finanzflüsse. Um sich in diesen Bereichen zu verbessern, haben die Akteure 15 gemeinsame Massnahmen definiert. Zudem ergreifen sie individuelle, auf sie zugeschnittene Massnahmen. Die Akteure berichten regelmässig und transparent über ihre Zielerreichung und ihre Erfahrungen, damit auch weitere Unternehmen davon profitieren können.

Zum Bericht 2021 der Initiative «Vorbild Energie und Klima» geht’s hier.

Yves, einige bundesnahe Betriebe sind seit 2013 Teil der Initiative «Vorbild Energie und Klima» – die SRG ist 2021 beigetreten. Ist Klimaschutz für die SRG erst seit Kurzem ein Thema?

Nein, die SRG reduziert ihren ökologischen Fussabdruck schon länger: Seit 2006 bauen wir unsere Gebäude nach Minergie-Standard. In Genf wird das Rechenzentrum mit Flusswasser gekühlt. Im Kerngeschäft Radio und Fernsehen hat man gute Erfahrungen mit der Remote-Produktion gemacht, was zu weniger Flugreisen geführt hat. Der Umbau des ehemaligen Garagegebäudes in die neue Radio Hall am Standort Zürich-Leutschenbach hat einen bemerkenswerten Beitrag zum Klimaschutz geleistet, dies durch eine erhöhte Energie- und Flächeneffizienz, Kreislaufwirtschaft und den Rückbau der fossilen Tankstelle. Indem man bei der Radio Hall auf einen Neubau verzichtet und einen Teil des Mobiliars wiederverwertet hat, konnten rund 1100 Tonnen Treibhausgase eingespart werden. Auch in anderen Bereichen achtet die SRG mit einfachen Massnahmen auf ökologische Nachhaltigkeit – beispielsweise mit dem Einkauf von Recyclingpapier oder dem Einsatz von Elektrovelos für kurze Wege. 

Die von der Initiative «Vorbild Energie und Klima» per 2026 angestrebten Ziele sind ambitioniert: Die Energieeffizienz soll um 6 Prozent gesteigert werden. Der Anteil erneuerbarer Energie soll bei 30 Prozent liegen, der Anteil erneuerbaren Stroms bei 100 Prozent. Wie will die SRG diese Ziele erreichen?

Es sind sicher ambitionierte, aber erreichbare Ziele. Beim erneuerbaren Strom haben wir das Ziel bereits erreicht. Denn die SRG bezieht ihren Strom schon heute ausschliesslich aus Wasserkraft. Zum einen wird die Herausforderung sein, dass wir gesamthaft weniger Energie verbrauchen – und zum anderen, dass dieser Gesamtverbrauch zu einem guten Teil mit erneuerbarer Energie abgedeckt wird. Um dies zu erreichen, werden wir bei drei Bereichen ansetzen: bei der Optimierung von Produktions- und Arbeitsprozessen, bei der Reduktion von Betriebsflächen sowie bei der Investition in Anlagen und Fahrzeuge, die erneuerbare Energie produzieren beziehungsweise verbrauchen.

Wie werden diese Ziele überwacht und kontrolliert?

Wir kontrollieren die Erreichung der Ziele primär selbst. Alle zwei Jahre erstellt und veröffentlicht die Initiative «Vorbild Energie und Klima» einen Bericht über die Zielerreichung aller beteiligten Akteure, der letzte erschien im Juli 2022.