Topsharing in der SRG

Das Jobsharing in einer Führungsfunktion befindet sich bei der SRG im Aufwärtstrend. Zwei Führungsduos berichten über ihre Erfahrungen mit dem Arbeitsmodell.

Eliane Noverraz und Jessica Morley, Co-Leiterinnen «Angebot und Innovation», Generaldirektion SRG

Wie ist es zu eurem Topsharing gekommen?

Jessica Morley: Das Modell passte einfach perfekt in unsere Lebenssituation. Wir wollten einen anspruchsvollen Job mit Verantwortung, bei dem Teilzeitarbeit möglich ist. Und Topsharing entsprach unserem Verständnis von zeitgemässem Leadership. Darüber hinaus haben wir uns fachlich gut ergänzt. In unserem Umfeld haben wir viel Unterstützung wahrgenommen und wir hatten grosse Lust darauf, das erste Führungsduo in der Generaldirektion zu werden.

Welchen Mehrwert bringt euer Topsharing für das Team und die SRG?

Eliane Noverraz: Aufgrund unserer unterschiedlichen Laufbahnen bringen wir ein breites Spektrum an Know-how mit. Jessica ist Kommunikationswissenschaftlerin und bringt vertiefte Kenntnisse in der Kulturförderung und der interregionalen Zusammenarbeit mit. Ich habe Betriebswirtschaft studiert und mich in digitaler Transformation und Innovation spezialisiert. Unsere Vielseitigkeit hilft enorm, da unser Aufgabenbereich thematisch sehr vielfältig ist. Zudem teilen wir nicht nur die Führungsaufgaben, sondern auch die Verantwortung. Das ist ein grosser Pluspunkt. Konkret bedeutet das, dass wir auch in schwierigen und arbeitsintensiven Situationen immer zu zweit sind und eine Sparringspartnerin an unserer Seite wissen – sei es auch nur für einen kurzen Motivationscall.

Welche Herausforderungen bringt euer Topsharing mit sich?

Jessica Morley: Das Modell ist innovativ und hochmotivierend, aber kein Selbstläufer. Wir sprechen uns regelmässig ab und sind gegenseitig in allen Dossiers à jour. Diese Absprachen bringen einen gewissen Mehraufwand mit sich. Im Gegenzug sind unsere Entscheide oft ausgereifter und fundierter, da sie bereits aus zwei Blickwinkeln betrachtet wurden.

Warum gelingt euer Topsharing?

Eliane Noverraz: Von Anfang an hat die Chemie zwischen uns gepasst. Wir haben ein ähnliches Mindset und befinden uns in einer vergleichbaren Lebensphase. Zudem bringen wir beide viel Flexibilität mit. Es steckt ausserdem ein ganzes Stück Arbeit in unserem Modell. Wir haben viel in ein gemeinsames Führungs­verständnis investiert und wurden dabei auch durch ein externes Coaching unterstützt. Es ist uns sehr wichtig, als Einheit wahrgenommen zu werden und an einem Strick zu ziehen.

Jessica Morley und Eliane Noverraz leiten seit Oktober 2018 gemeinsam den Bereich «Angebot und Innovation», angesiedelt bei der Direktion Entwicklung und Angebot in der Generaldirektion SRG. Der Bereich ist zuständig sind für die Film­förderung, interregionale Zusammenarbeit, Innovations­förderung und -methodik, nationale Digitalprojekte sowie für Data und Archive. Schlüsselprojekte von «Angebot und Innovation» sind die Streaming-Plattform Play Suisse (playsuisse.ch) und die Förderung von mehr fiktionalen Serien (Projekt «Fiktion 2020+»).

Vanessa Sautter und Manuel Meyer, Co-Leitung «Recherche und Archive» bei SRF

Wie teilt ihr eure Führungsfunktion untereinander auf?

Vanessa Sautter: Manuel und ich haben «Recherche und Archive» in zwei Bereiche unterteilt: Manuel kümmert sich um den Bereich Archive mit den Themen Archivierung, Erschliessung, Digitalisierungsprojekte und Archivöffnung, und ich bin für den Bereich Recherche zuständig. Zu diesem gehören die Recherche-Desks, der Programmverkauf, die Archivverwertung mit dem Kanal «SRF Archiv» sowie der tägliche Pressespiegel «Mediafocus». Wir vertreten uns gegenseitig, daher wissen wir auch über den anderen Bereich Bescheid. Themen wie zum Beispiel die strategische Ausrichtung oder das Budget, die das ganze Team betreffen, erarbeiten wir gemeinsam und entscheiden auch zusammen darüber. Wir wissen genau, wo bei jedem die Stärken und Schwächen liegen und teilen uns dementsprechend auf.

Was sind die Vorteile eures Jobsharings?

Manuel Meyer: Es hilft enorm, fachliche Fragen mit jemandem «auf Augenhöhe» zu besprechen. Gerade in unserem Bereich, wo spezifisches Know-how gefragt ist, gibt das Sicherheit. Das gilt aber nicht nur für fachliche Themen: In unserer Konstellation können wir uns laufend unterstützen, sei es durch Feedback, gegenseitige Beratung oder gemeinsames Aushecken von Ideen.

Welche Auswirkung hat das Corona-bedingte Homeoffice auf eure Zusammenarbeit?

Vanessa Sautter: Manuel und ich arbeiten bereits seit knapp fünf Jahren eng miteinander, da war die Umstellung auf Homeoffice kein grosses Problem. Wir wussten, dass wir uns weiterhin viel austauschen müssen. Das war vor der Homeofficepflicht natürlich einfacher, weil wir uns normalerweise ein Büro teilen. Wir haben zweimal die Woche einen fixen Termin, hören oder lesen tun wir uns aber meistens täglich. Und wir kommunizieren über alle möglichen Kanäle – sei es via Teams, Chat, SMS, Threema oder Telefon.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, damit Topsharing funktioniert?

Manuel Meyer: Überspitzt formuliert darf man kein klassisches «Alpha-Männchen oder -Weibchen» sein, das nur seine eigene Meinung und Entscheidung gelten lässt. Aber das ist in der modernen Arbeitswelt zum Glück sowieso nicht mehr gefragt. Es braucht vielmehr die Bereitschaft, seine Gedanken offen zu teilen und seine Rolle immer wieder kritisch zu hinterfragen. Ebenso muss man aushandeln, was ohne Rücksprache in die eigene Entscheidungs­kompetenz fällt und was abgestimmt werden muss. Und klar: Es hilft, wenn man ähnlich tickt und sich mag, was bei uns der Fall ist.

Vanessa Sautter und Manuel Meyer leiten seit April 2021 gemeinsam den Bereich «Recherche und Archive» (R&A), ein Bereich der neu geschaffenen Abteilung Distribution bei SRF mit Mitarbeiter:innen an den Standorten Basel, Bern und Zürich. R&A unterhält und pflegt die umfangreichen SRF-Archive und erschliesst dazu die Eigenproduktionen sowie ausgewählten fremdproduzierten Content. SRF ist auch dabei, die alten Sendungen zu digitalisieren und via Archivöffnung dem Publikum zugänglich zu machen. Daneben erbringt der Bereich spezialisierte Dienstleistungen rund um Recherche und Content-Beschaffung für Journalist:innen aller Inhaltsabteilungen. Nebst weiteren Dienstleistungen, beispielsweise dem nationalen Sport-Live-Logging, betreut R&A den erfolgreichen Kanal «SRF Archiv» auf Facebook und Youtube.