Herausforderung digitales Zeitalter

Im Oktober 2012 hat die SRG zum ersten Mal in ihrer Geschichte ihre vollumfängliche Unternehmensstrategie im Internet veröffentlicht. Sie definiert darin nicht nur ihre unternehmerischen Ziele, sondern auch die Entwicklungsschwerpunkte
für ihr Radio-, Fernseh- und Multimediaangebot. Es gilt, die ­Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu meistern. Dazu muss sich die SRG nicht nur wie bis anhin als Radio- und Fernsehveranstalterin des Service public bewähren, sondern auch zur Spitzenreiterin bei der Produktion und Distribution audio­visueller Multimedia-Inhalte werden.

In der Tat nimmt die Zahl der Zuschauer und Zuhörerinnen, die ihre Programme unabhängig von Zeit und Ort nutzen, laufend zu: Via Internet stellen sich viele ihr audiovisuelles Menü nach dem eigenen Zeitplan und den individuellen Vorlieben selber zusammen. Diesen neuen Nutzungsgewohnheiten der Gebührenzahlenden wollen wir Rechnung tragen. Doch auch die ­Erwartungen der Jungen, welche die Gebühren in Zukunft entrichten werden, müssen wir rechtzeitig erkennen und erfüllen. Für den Dialog mit dieser Generation sind das Internet und die sozialen Netzwerke zweifellos die besten Kommunikationsmittel.

Das neue Medienumfeld zwingt uns, unser Angebot laufend zu prüfen. Dies ist für jedes Medienhaus eine unerlässliche Aufgabe. Ein Beispiel hierfür ist die Neubeurteilung des englischsprachigen Worldradio Switzerland (WRS): Die SRG hat für dieses Radio einen Privatisierungsprozess eingeleitet und damit einen neuen Weg beschritten. Ebenfalls ein wichtiger Punkt ist die Schaffung spezifischer, internettauglicher Inhalte und die vermehrte Aktivität in den sozialen Netzwerken mit dem Ziel, das Gemeinschaftsgefühl rund um eine Sendung zu intensivieren. Weil das Internet Bild, Ton und Text miteinander verknüpft, ­gehört bis zu einem gewissen Grad auch das schriftliche Wort zu diesem Massnahmenkatalog. Doch Aufgabe und Ziel der SRG sind und bleiben das Audiovisuelle. Denn wie die Strategie betont, ist ein starkes audiovisuelles Angebot gleichzeitig Raison d‘être, Unternehmenszweck und Kernkompetenz der SRG.

Gesetzgebung im Einklang mit technologischer Entwicklung

Damit sich der tiefgreifende Wandel für den Service public vollziehen kann, ist auch die Gesetzgebung den neuen Gegebenheiten anzupassen. Sie muss der SRG die nötige Flexibilität zugestehen, damit diese mit der technologischen Beschleunigung Schritt halten kann. So hat der Bundesrat Mitte September 2012 den Grundsatzentscheid gefällt, der SRG im Internet mehr publizistische Betätigungsmöglichkeiten einzuräumen. Der Verwaltungsrat begrüsst diesen Beschluss, der für die SRG eine wichtige Voraussetzung bildet, um die digitale Heraus­forderung zu meistern. Er ist sich jedoch bewusst, dass es viel Überzeugungsarbeit braucht, damit dem audiovisuellen Service public der erforderliche Handlungsspielraum tatsächlich gewährt wird. 

Dialog mit den Verlegern

Die digitale Revolution bietet der SRG und den Verlegern dieselbe Bühne: das Internet. Diese neue Situation erfordert einen lebendigen Dialog mit jenen Verlegern, die dazu bereit sind. ­Artikel 93 der Bundesverfassung verlangt denn auch, dass die Gesetzgebung «auf die Stellung und Aufgabe anderer Medien, unter anderem der Presse» Rücksicht nimmt. Diese Forderung trägt dazu bei, den Medienplatz Schweiz und seine globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Das Audiovisuelle und die Printmedien sollen und können sich harmonisch weiterentwickeln. Glücklicherweise hat das Scheitern der Verhandlungen über die Online-Werbung den guten Beziehungen zwischen der SRG und den meisten Verlagshäusern und unabhängigen Verlegern, mit denen sie auf verschiedenen Ebenen zusammenarbeitet, keinen Abbruch getan. Abgekühlt hat sich hingegen das Klima zwischen dem Verlegerverband und der SRG. Die SRG ist nach wie vor zum Dialog bereit, weil er ihrer Meinung nach dazu beiträgt, den Medienplatz Schweiz zu stärken. Deshalb begrüsst die SRG die Schaffung der ausserparlamentarischen ­Medienkommission, welche die Aufgabe hat, die Entwicklung und Bedeutung des Medienplatzes Schweiz zu beobachten. Der Vertreter der SRG wird in dieser Kommission eine aktive und konstruktive Rolle spielen.

Dorfplatz im digitalen Zeitalter – der Verein SRG

Dass ein Verein mit zahlreichen regionalen Verästelungen ein nationales Unternehmen leitet, bürgt für die demokratische Verankerung des Unternehmens SRG und für seine Unabhängigkeit; das ist eine schweizerische Besonderheit. Doch auch der Verein SRG muss die Herausforderungen der digitalen ­Gesellschaft meistern: Er sorgt dafür, dass der audiovisuelle Service public nicht an den Grenzen unseres nationalen Dorfes Halt macht, sich aber auch nicht in der Weitläufigkeit einer globalisierten Welt verliert. Damit der Verein dieses Gleichgewicht halten kann, muss auch er seine Funktionsweise hinterfragen, kulturelle Scheuklappen zwischen den Regionen abbauen und neue Möglichkeiten der Mitgliederwerbung ausloten. In diesem Sinn hat die Delegiertenversammlung 2012 ein «Forum» ­ ­geschaffen. Dieses soll jenseits der Erledigung statutarischer ­Geschäfte eine Plattform für einen lebendigen Dialog bieten und dazu beitragen, dass der Verein Schritt hält mit dem Unternehmen, das seinerseits in einem schwindelerregenden Umbruch steht. Um den Gedankenaustausch unter den Regionalgesellschaften zu intensivieren, hat der Verwaltungsrat als ­Leitungsgremium des Vereins direkte Begegnungen mit den vier Regionalvorständen veranstaltet. Mit nationalen Tagungen über den Service public, die im Turnus von jeder Regionalgesellschaft veranstaltet werden, soll die Debatte auf die einzelnen Mitglieder erweitert werden. Die letzte Tagung fand in Lugano statt und war ein voller Erfolg. 135 Mitglieder aus der ganzen Schweiz nahmen am interregionalen Dialog teil.

Nationaler Zusammenhalt als oberstes Ziel

Die oben erwähnten Massnahmen zeigen, dass sich die SRG ­ihrer institutionellen Verantwortung zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses, Zusammenhalts und Austauschs zwischen den verschiedenen Regionen, Sprachgemeinschaften, Kulturen und gesellschaftlichen Gruppierungen bewusst ist. 

Der Bundesrat anerkennt die Bemühungen der SRG. In seinem Bericht vom 7. Dezember 2012 in Erfüllung der Motion Maissen fordert er die SRG jedoch auf, insbesondere in den Informationssendungen die anderen Sprachregionen stärker zu berücksichtigen. Die SRG ist diesem Anliegen bereits nachgekommen, indem sie die Berichterstattung über die anderen Sprachregionen ausgebaut hat. Darüber hinaus sieht die neue Unternehmensstrategie ein Konzept zur Stärkung des sprachregionalen Austauschs vor. 

Neuer GAV und Neuerungen bei der Pensionskasse

Dem Verwaltungsrat ist es ein Anliegen, dass die SRG eine gute Arbeitgeberin bleibt. Er lobt die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern und dem SRG-Personal, welches das kostbarste Kapital darstellt. Es ist der SRG und dem Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) gelungen, sich auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zu einigen. Dieser ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten und gilt für vier Jahre. In mehreren strittigen Punkten konnten die Sozialpartner ­gemeinsame Lösungen erarbeiten. In einer Urabstimmung stimmten die Mitglieder des SSM dem GAV schliesslich mit 73 Prozent zu; in der Westschweiz hingegen sprach sich eine Mehrheit dagegen aus.

Einen grossen Schritt vorwärts ist man auch beim Pensionskassenprimat gekommen. So hat der Stiftungsrat den Wechsel vom Leistungs- ins Beitragsprimat empfohlen. 2013 wird das Personal darüber abstimmen. Zudem hat der Stiftungsrat beschlossen, den technischen Zinssatz von 4 auf 3,25 Prozent zu senken. Diese Neuerungen wirken sich auch auf die Rechnung der SRG aus. Der Verwaltungsrat hat deshalb Rückstellungen von 161,5 Millionen Franken gebildet; sie sind der einzige Grund für das Jahresdefizit 2012. 

Neuerungen im Verwaltungsrat

Ende 2012 trat Duri Bezzola wegen Erreichens der Altersgrenze von seinem Amt als Präsident der SRG.R und als Mitglied des Verwaltungsrates SRG zurück. 1992 war Nationalrat Bezzola vom Bundesrat in den Regionalratsausschuss der Svizra rumantscha gewählt worden. Im Mai 2005 wurde er Präsident der SRG.R und Verwaltungsrat der SRG, die bis Ende 2012 von seinem reichen Erfahrungsschatz profitieren durfte. Duri Bezzola war ein unermüdlicher Verfechter des Service public und der ­rätoromanischen Schweiz. Er hat der SRG viel gegeben, und ich danke ihm im Namen des Verwaltungsrates von Herzen für seinen unermüdlichen Einsatz für die res publica und die kulturelle Vielfalt unseres Landes.

Die Generalversammlung SRG.R hat Oscar Knapp zum neuen Präsidenten der SRG.R mit Amtsantritt am 1. Januar 2013 gewählt. Zum gleichen Zeitpunkt trat er auch in den Verwaltungsrat SRG ein. Oscar Knapp ist Dr. oec. HSG und Diplomat. Im Sommer 2013 wird er von seinen Funktionen als Mitglied des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen zurücktreten. Wir freuen uns, seine Erfahrungen, die er auf internationaler Ebene und in Bundesbern gesammelt hat, sowie seine ­Vertrautheit mit dem Kanton Graubünden nutzen zu dürfen.

Dank an alle Mitarbeitenden und Vereinsmitglieder

Abschliessend bedankt sich der Verwaltungsrat bei allen Kolleginnen und Kollegen sowie den Mitarbeitenden der SRG für ­ihren unermüdlichen Einsatz zugunsten des Service public. Der Geist der SRG lebt: Er wird getragen von Frauen und Männern, die ihren Beruf lieben und ihr Wissen und Können in den Dienst einer Aufgabe stellen, die sie kennen und anerkennen. Gelebt wird er aber auch von den Vereinsmitgliedern, die für die Qualität und Unabhängigkeit der SRG-Programme einstehen. Unser Dank gilt auch dem Generaldirektor für die ausgezeichnete ­Zusammenarbeit und sein grosses Engagement für das Unternehmen. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Herausforderungen des digitalen Zeitalters gemeinsam meistern und unserem öffentlichen Auftrag treu bleiben werden.

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