Internationale Vernetzung

Die SRG ist seit 1950 Mitglied der European Broadcasting Union, der weltweit grössten Allianz öffentlich-rechtlicher Medienhäuser. Die SRG tauscht sich mit den EBU-Partnerorganisationen regelmässig zu Themen in den Bereichen News, Kultur und Unterhaltung aus und arbeitet mit ihnen gemeinsam an neuen Technologien und Dialogformen.

Bakel Walden
Bakel Walden ist seit 2018 in der Geschäftsleitung der SRG für die interregionalen Themen im Kerngeschäft verantwortlich. Dazu zählen auf Unternehmensebene die digitale Transformation, Forschung, Kommunikation, Filmförderung sowie die internationalen Aktivtäten. Er ist gewähltes Mitglied des TV Committee sowie der Generalversammlung der EBU (Bild: SRG).

«Wir können uns keine Alleingänge mehr erlauben»

«Annus horribilis» – so kann man das Jahr 2022 aus verschiedenen Perspektiven bezeichnen. Das gilt auch mit Blick auf die Entwicklung öffentlicher Medienhäuser in Europa. Der Raketeneinschlag am Fernsehturm Kiew im März 2022 ist dabei nur das eindrücklichste Sinnbild für die teilweise bedrückende Lage. Journalist:innen werden physisch und psychisch angegriffen, die Unabhängigkeit von staatlicher Einflussnahme ist nicht mehr überall gewährleistet und die öffentliche Finanzierung wird bei verschiedenen Organisationen infrage gestellt. Dazu kommen selbstverantwortete Krisen, welche die Kritik am System der öffentlichen Medienfinanzierung befeuern. 

Es sind keine einfachen Zeiten für die europäische Familie der «Public Service Media», die unter dem Dach der European Broadcasting Union (EBU) zusammengeschlossen ist. Mit Sitz in Genf ist die EBU seit über 70 Jahren DAS Netzwerk für öffentliche Medienhäuser in 56 Ländern. Die Schweiz ist nicht nur Gründungsmitglied und Sitz des Hauptquartiers, sondern war auch Ausrichterin und Gewinnerin des ersten Eurovision Song Contests (damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne) im Jahr 1956. 

Die Schweiz und die EBU sind also eine ganz besondere Beziehung eingegangen. Und die ist in diesen bewegten Zeiten wichtiger denn je und kann als Blaupause für die noch intensivere Zusammenarbeit von öffentlichen Medienhäusern dienen. Dabei sind drei Punkte besonders erwähnenswert. 

Erstens: Die Schweiz ist immer wieder ein «Labor» und durch die zentrale Lage in Europa, die Vielsprachigkeit und das System der direkten Demokratie oft Vorreiterin bei Entwicklungen. Die Abstimmung über die «No Billag»-Initiative löste bei den internationalen Partnern erst Sorge, danach aber Freude über das Ergebnis aus. Nun, wenige Jahre später, stehen viele Partnerorganisationen auch ohne Volksabstimmung vor ähnlichen Herausforderungen und können von der Schweizer Diskussion rund um «No Billag» (und eine allfällige Nachfolgeinitiative) lernen.

Zweitens: «Public Value» ist einer der wichtigsten Werte in der Diskussion um den Mehrwert von medialem Service public. Für die SRG bedeutet dies, ihre besondere Rolle im medialen Ökosystem der Schweiz im Dialog mit der Bevölkerung nachhaltig zu stärken. Hier können wir auf wertvolle Erfahrungen unserer Partnerorganisationen zurückgreifen. Vernetzung ist dabei entscheidend. So hat vor kurzem CBC/Radio-Canada mit den europäischen Partnerorganisationen RTBF, ZDF und SRG das Projekt «Public Spaces Incubator» lanciert. Hier stehen moderne Dialogformen im Zentrum.

Austausch ist auch beim dritten Bereich ein Schlüssel zum Erfolg: bei der Zusammenarbeit angesichts der knapper werdenden Ressourcen. Wir können uns in Zeiten der digitalen Transformation keine Alleingänge mehr erlauben. Begrenzte Finanzmittel, mangelnde Fachkräfte und die Tech-Konkurrenz aus den USA beschäftigen uns alle. Die Entwicklung eines öffentlich-rechtlichen Personalisierungsalgorithmus oder einer vernetzten Streaming-Plattform sind dabei nur erste Lösungsansätze. 

Die SRG wird sich daher aktiv für eine noch engere Kooperation mit den internationalen Partnerorganisationen einsetzen. Die Herausforderungen sind zahlreich genug, ebenso aber auch die Chancen für kommende «Anni mirabiles» – hervorragende Zeiten mit starken und unverzichtbaren Angeboten der öffentlich-rechtlichen Medienfamilie.

Bakel Walden, Direktor Entwicklung und Angebot SRG

Gemeinsam stärker – drei Stimmen aus der EBU

Cilla Benkö

Generaldirektorin und CEO von Radio Schweden

«Dass ein unabhängiger und starker Service public nötig ist, zeigt sich in einer von Unruhen geprägten Welt mehr denn je. Da wir als Service-public-Unternehmen öffentliche Gelder bekommen, sind wir bestrebt, effizient zu sein, uns nach den Bedürfnissen des Publikums auszurichten und Inhalte mit nationaler Ausstrahlungskraft zu produzieren – auf einem Markt, der nicht mehr national, sondern global und digital ist. Die Zusammenarbeit zwischen Service-public-Unternehmen ist zentral. Als relativ kleines Unternehmen in einem kleinen Land schätzen wir von Radio Schweden die engen Beziehungen zur SRG – sowohl bei der Entwicklung neuer Inhalte, digitaler Formate und Technologien als auch bei der Erarbeitung von übergreifenden Strategien. Gemeinsam werden wir noch fortschrittlicher und effizienter. Gemeinsam können wir unserem Publikum noch besser gerecht werden.»

Noel Curran

Generaldirektor EBU

«Die letzten drei Jahre, die von einer Pandemie und einem Krieg in Europa geprägt waren, haben die zentrale Rolle der Service-public-Medien bei der Information, Bildung und Vernetzung von Zuschauerinnen und Zuhörern in ganz Europa unterstrichen. Wir wissen jedoch, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit nur gewonnen und das Publikum nur erreicht und gebunden werden kann, wenn man stets entschlossen ist, verantwortungsbewusst, effizient und kreativ zu sein. Die SRG ist in dieser Hinsicht ein wichtiges Mitglied der European Broadcasting Union (EBU). Nicht nur aufgrund ihrer Schlüsselrolle, die sie in der Schweiz spielt, sondern auch aufgrund der zahlreichen Kooperationen mit der EBU und anderen öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen in ganz Europa. Die SRG ist sich der Notwendigkeit von Veränderungen, von mehr Kreativität, von digitaler Innovation sowie von öffentlicher Rechenschaftspflicht und Transparenz bewusst. In dieser Hinsicht ist sie ein Massstab für viele EBU-Mitglieder.»

Norbert Himmler

Intendant ZDF

«Das ZDF und die SRG verbindet eine lange Tradition der intensiven und vielfältigen Zusammenarbeit, nicht nur aufgrund der sich überlappenden Märkte. Fiktionale Programme ebenso wie grosse Abendunterhaltung entstehen in qualitativ herausragenden Koproduktionen. Beide Sender sind, zusammen mit ORF und ARD natürlich, das Rückgrat des Senders 3sat, der eine verlässliche Zuschauerschaft hinter sich weiss, und das in beiden Ländern. Die strategische Zusammenarbeit, sowohl bilateral als auch im europäischen Dachverband EBU, hilft, digitale Zukunftsweichen richtig zu stellen. Jüngstes Resultat des Dialogs unserer beiden Häuser ist die Initiative für einen ‹Public Spaces Incubator›, der neue Wege erkunden soll für öffentlich-rechtliche Medien, um Bürgerengagement und demokratischen Diskurs im Internet zu stärken.»